Nun denn — dann mal frisch ran ans Werk:
Zunächst einmal zum schlechten Ruf von DSA bei anderen Rollenspielern:
Meiner Erfahrung nach, beruhen viele Vorurteile gegenüber DSA auf dem früheren System. Die meisten Personen, die ich kennengelernt habe, und die ein anderes System spielen, haben vor Jahren mit DSA angefangen und belächeln mein DSA-Spielen zumeist. Die Kritik läuft sich im allgemeinen darauf hinaus, daß die früheren Systeme sowohl von den Abenteuern, wie auch vom Regelwerk her an einigen Stellen bemängelt wurde. Und irgendwann sei man dann auf [beliebiges Rollenspielsystem nach Wahl] gestoßen und das hätte dann halt das geboten, was man eigentlich suchte.
Die andere Ecke der Kritik beruft sich gewöhnlich auf das zu komplizierte DSA-Regelsystem in der aktuellen Edition. Ich erinnere mich dazu beispielsweise an ein Kommentar meines örtliche Rollenspielhändlers:
Zitat von Mein Rollenspielhändler:
Die DSA-Welt ist zwar sehr schön, aber wenn mich jemand fragt, mit welchem Rollenspiel er denn am besten seine ersten Schritte macht, dann empfehle ich ihm nicht DSA. Das System ist für Einsteiger einfach zu kompliziert und wirkt oftmals abschreckend.
Der Vorwurf, daß die DSA-Spieler zu intollerant seien, ist mir hingegen bisher nicht untergekommen — zumindest nicht ernsthaft (mal ausgenommen, daß ein befreundeter D&Dler und ich uns immer wegen den Systemen zum Spaß anpöbeln — ist aber halt nur freundschaftlicher Unsinn, und der D&Dler spielt mittlerweile sogar auch in unserer DSA-Gruppe mit).
Weiter: Zum Thema Powergaming:
Zunächst einmal möchte ich versuchen Powergaming auf verschiedene Arten zu definieren:
1)
Powergaming als Werteoptimierung:
Als Powergaming kann man definieren, wenn ein Spieler seinen Helden versucht in den Werten so hoch wie möglich zu treiben, fortgeschritten auch nur in den „wirklich wichtigen“ Werten (das berühmte: „Ich möchte mal ein Abenteuer spielen, bei dem man nur durch eine extrem gut gelungene Töpfern-Probe gewinnen kann“-Problem). Der solcherart powergamerisch veranlagte Spieler versucht dabei zumeist auch Lücken und Schwachstellen im System zu finden und zu nutzen, um so einen bei Proben möglichst effektiven Charakter zu haben.
2)
Powergaming als Plotjagd:
Auch starke Plotjagd kann als Powergaming gesehen werden. Wer also ständig versucht die Aufgaben des Szenarios zu lösen, dabei aber das Ausspielen des Charakters bzw. dessen Eigenheiten ins Hintertreffen geraten zu lassen, der fällt unter diese Kategorie. Doms obige Aussage, daß er gerne Gespräche mit „Ich frage nach dem und dem…“ abkürzt, würde diese Art des Powergamings treffen.
3)
Powergaming als Spielkontrolle:
Diese Art des Powergamings läuft zumeist darauf hinaus, daß Spieler sehr dominante (bzw. „posige") Charaktere spielen. Um es anders auszudrücken: Helden, die ständig nur so handeln, daß sie „cool“ rüberkommen, dabei NSCs und möglicherweise auch andere SCs im Regen stehen lassen, gehören dieser Art von Powergamern an.
Sollte ich hier eine Art des Powergamings vergessen haben, dann gebt doch bitte bescheid.
Wiederum weiter: Nun zur Behandlung von Powergamern bzw. Kritik an den verschiedenen Powergaming-Stilen:
Prinzipiell betrachtet ist Powergaming in der eigenen Gruppe kein Problem, insofern die Gruppe daran ihren Spaß hat. Denn auch bei DSA ist es so wie bei allen anderen Hobbies: Es geht darum Freude beim spielen zu empfinden — (mit einigen wenigen Einschränkungen, welche im ethisch-moralischen Bereich problematisch sein können) egal wie. Und wenn die Gruppe nun darauf steht in der Kombination Legolas, Gimli, Aragon und Gandalf jede Story mit einem Fingerschnippen zu lösen, wobei die Charaktere nur eine Ansammlung von werten ist, dann ist das für sie auch gut so.
Nun zur allgemeinen Problematik beim Powergaming:
Der Powergaming-Stil ist bei guten Teilen der DSA-Gemeinde nicht ihr bevorzugter Spielstil (das zeigen ja schon die vielen beschwerenden Kommentare). Genauso wie es den Powergamern für ihre Runde erlaubt sein sollte, den Powergaming-Stil zu wählen, sollte es auch diesen Spielern frei stehen, ihren Stil zu wählen.
Schwierig wird das an den Überschnittspunkten der beiden Gruppen:
Auf Cons wird gemeinsam gespielt, wobei die Powergamer dann (unter der Annahme, daß die meisten DSAler diesen Stil eben nicht bevorzugen) in der Unterzahl sind. Die restlichen Spieler können dann allerdings nichts mit dem Spielstil des Powergamers anfangen, werden naturgemäß also mehr oder minder berechtigte und schwere Kritik üben. Zumal da sich Powergaming-Kritik zumeist nur äußert, wenn der Powergamer diesen dominant betreibt, ist eine Unzufriedenheit der restlichen Spieler meiner Meinung nach verständlich.
Kommt es weitergehend dazu, daß ein Powergamer durch Publikationen oder Forendiskussionsteilnahme eigene Werke bzw. Meinungen publik macht, so ist er hier vermutlich wieder in der Minderheit. Kritik wird ihm entgegenschwappen, haben die anderen Spieler sich doch für einen anderen Spielweg entschieden. Die Art und Weise der Kritik ist allerdings manchmal meiner Meinung nach gerade auf Alveran in einem unschönen Umgangston formuliert.
Noch weitergehender kommt es vielleicht zu einer Mitarbeit an offizielen Publikationen eines Powergamers: Hier liegt dann das immense Problem vor, daß bei der Mehrheit unbeliebte Spielstilelemente (bzw. -folgen) kanonisiert werden. Das dies nur bedingt frohe Reaktionen hervorruft, ist wohl verständlich.
Nun zu der Kritik an den verschiedenen Powergaming-Stilen aus meiner Sicht. Dies dient nur dazu zu erläutern, wieso
ich diese Spielstile zumindest theoretisch nicht bevorzuge (auch wenn ich in der Praxis vielleicht auch manches Mal in diese Richtung rutsche). Andere Gruppen und Spieler können das gerne anders sehen:
Zu 1)
Werden Werte rein nach ihrer Verwendbarkeit optimiert, so gerät dabei oftmals die Charakterentwicklung bzw. das Charakterkonzept ins Hintertreffen. Das heißt, daß selbst wenn eine friedfertige Kampange rein um's Töpfern gespielt wird, daß Talent
Töpfern nicht, dafür aber z.B.
Schwerter gesteigert wird. Weitergehend kann man dann auch Heldenkonstelationen entdecken, bei dem der Gruppen-Töpfer ein besserer Kämpfer als jeder ausgebildete Krieger ist. Ich finde in solchen Situationen ist der Charakter oftmals nicht in sich logisch, weswegen ich damit nicht glücklich werde.
Problematisch in der Interaktion mit anderen Spielern ist dieser Spielstil vor allem, wenn andere Helden dabei ausgebotet werden. Das bedeutet, wenn der Töpfer immer in erster Reihe kämpft, weil er einfach doppelt so gut wie der Ritter in den Kampfwerten ist, dann wird anderen Spielern unter Umständen der Spielspaß beschnitten.
Zu 2)
Ich persönlich habe am meisten Spaß beim Rollenspiel, wenn ein intensives Spiel der Rollen entsteht. D.h. ich mag es, wenn ein Charakter so handelt, wie es für ihn logisch wäre, auch wenn das beispielsweise den Plot behindert, dann habe ich trozdem mehr Spaß daran, als wenn das Verhalten des Charakters dem Plot unterworfen wird. Eine persönliche Präferenz also.
Zu 3)
Hier ergibt sich wieder das Problem, daß andere Spieler gerne unterdrückt werden. Damit nimmt man ihnen den Spaß am Spiel — was diesen Spielstil durchaus auch allgemein kritisierbar macht.
Zugegebenermaßen betreibe ich diese Art von Powergaming zum Teil aber auch selbst, passiert es mir doch manches Mal, daß ich sehr dominant spiele, gar hin und wieder den Plot sprenge.
Allgemein gesprochen liegt bei diesen Stilen dann ein Problem vor, wenn anderen Spielern der Spaß genommen wird — dies gilt allerdings für jeden Spielstil. Anderen Spielern das Spiel unschöner zu machen kann man also durchaus zum Punkt allgemein gültiger Kritik machen. Viele der Powergaming-Kritiker sind dabei zumeist irgendwie schon in Berührung mit solcherart von Powergamern gekommen, welche ihnen den Spielspaß verdorben haben oder haben mehrfach solche Geschichten vernommen.
Wird allerdings Powergaming so betrieben, daß andere Spieler nicht davon in ihrem Spielspaß beeinträchtigt werden, dann fällt das meistens gar nicht als Powergaming auf. Denn mal ehrlich: Wie oft seht ihr denn auf die Werte auf dem Charakterbogen eurer Mitspieler? Bei mir kommt das nur selten vor.
Ansonsten liegt es in der Natur des Menschen Andere zu kritisieren, insofern sie meinen einen besseren Weg gefunden zu haben (sei es um sich zu profilieren oder um den Anderen ihren „besseren“ Weg zu zeigen).
Wieso aber finden die Nicht-Powergamer ihren Spielstil besser? Sehr allgemein gesprochen:
Menschen entscheiden sich für einen Weg / eine Meinung eigentlich immer aus einem oder mehreren Gründen. Diesen Gründen kann man theoretisch gesprochen meiner Meinung nach eine Art Wertigkeit zuordnen (manche Gründe sind halt wichtiger als andere). Gleichzeitig gibt es auch Gegenargumente gegen diese Meinung, denen man auch eine Wertigkeit zuordnen kann. Wo nun die positive Differenz der beiden Wertigkeiten am größten ist, platziert man seine Meinung — es spricht an dieser Stelle einfach am meisten mehr für das Argument, als für das Gegenargument, im Vergleich zu allen anderen Meinungen. Ich präferiere diese Meinung also. Wenn ich sie allerdings präfereriere, also anderen Meinungen vorziehe, dann halte ich diese Meinung für besser (weil eben die Differenz größer ist) als andere Meinungen (d.h. nicht, daß andere Meinungen deswegen schlecht sind).
Die obigen Vorgänge laufen dabei allerdings durchaus im Unterbewusstsein ab. Insofern kommt es aber dazu, daß man seine „bessere“ Meinung gegenüber anderen vertritt.
So — das war jetzt vielleicht alles ein wenig kryptisch und verworren, sicher aber durcheinander. Ich hoffe ihr versteht einigermaßen was ich sagen wollte.
Schöne Grüße,
Anil