Ich äußere mich ungern auf Alveran, weil mir das Forum zu schnell ist und ein Meinungsaustausch mit langsameren Postern (so ein- zweimal pro Tag) daher nicht wirklich zustande kommt.
Dass schnelle und hochfrequentierte Foren auch ab und an einen etwas anderen Stil des Miteinanders fördern, trägt auch dazu bei.
Ich äußer mich mal zu der ganzen Sache, denn in erster Linie würde ich mich in meiner Eigenschaft als Rollenspieler auch als DSA-Spieler bezeichnen.
a) Woher kommt es, dass stimmungsvolles, charakterintensives Spiel über andere Stile gesetzt wird?
DSA hatte zu seiner Anfangszeit m. E. noch einen sehr D&D (Betonung auf Dungeons) geprägten Stil, der PG sicher förderte ("Schiff der verlorenen Seelen, die sieben magischen Kelche, das Wirtshaus zum schwarzen Keiler etc.).
Wir selbst haben DSA auf diese Weise gespielt und somit eigentlich den Stil der Computer"rollen"spiele vorweggenommen (zumindest waren uns damals noch keine solchen Spiele bekannt).
Irgendwann wurde mir das langweilig. Die Konkurrenz untereinander (ein Held toller als der andere) und die Reaktion der Welt auf die tollen Helden (ein Monster gefährlicher als das nächste, jede Gefahr monumentaler als die vorhergehende etc.) führte irgendwann dazu, dass man sich fragte, wie man nun eigentlich noch eine Steigerung der erlebten Abenteuer erzielen könnte (denn — das sehe ich heute noch so — eine gewisse Entwicklung, Steigerung und Verbesserung macht einen Anteil des Spaßes beim Rollenspiel aus).
Wir beschränkten uns selbst und unsere Helden durch selbsterfundene Regeln, gestalteten die Umgebung detaillierter und mit mehr gefühl für Realismus. Meisterpersonen lebten nicht mehr allein durch ihre tollen Fähigkeiten, sondern vielleicht durch eine besonders schrullige Art etc. und ähnlich verhielt es sich mit den SCs.
Die Zeit für gemeinsames Spiel wurde knapper und ich nutzte diese Zeit, mich intensiver mit Hintergrund und dem Charakter meiner Helden zu beschäftigen. Dinge, in die man Zeit steckt, will man auch darstellen, somit nahm auch der Bedarf an Charakterspiel zu.
Ich denke diese Entwicklung haben recht viele DSA-Spieler mitgemacht. Sie sind mit dem Spiel erwachsen geworden. Das sogenannte „gute“ Rollenspiel, welches viele propagieren, ist das, welches sich diejenigen, die lange DSA spielen, für sich selbst als angenehm empfinden und welches durch den Stil der meisten Abenteuer und Hintergrundbände — und auch durch das Regelwerk — begünstigt wird.
Die Kettenhemdiskussion (die ich jahrelang mit Radul führte) ist für mich eigentlich ein gutes Beispiel für die „Philosophie“ des DSA-Rollenspiels. Regeltechnisch steht fest (zumindest für mich und Radul), dass ein Kettenhemd einem Plattenpanzer in jeder hinsicht unterlegen ist. Dennoch halte ich es für unpassend, dass ein Krieger, der traditionell das Tragen von Kettenhemden gewohnt ist, sich bei erster Gelegenheit für einen Plattenpanzer entscheidet. Ich finde es nicht glücklich, wenn ein Spieler die Kosten- Nutzeneffekte verschiedener Zauber detailliert berechnet und seinen Magier dann mit den „Testsiegern“ ausrüstet. Entscheidungen, die den Helden betreffen sollten aus diesem selbst heraus begründet sein, nicht aus Überlegungen des Spielers (wenn ich mich auch in Style-Fragen nicht selbst daran halte).
Regelwerk (Professions- und Kulturvorgaben) und Hintergundbände legen sehr dicht und deutlich dar, was für welche Kultur und Profession üblich ist. Zu den Überlegungen eines Helden nach dem „was ist besser“ komt somit automatisch auch ein „was ist üblich“.
Spieler die sich daran nicht halten kollidieren mal mehr und mal weniger mit dem Hintergrund. Sie gefährden damit eine Welt, die sich aus den Wünschen vieler langjähriger DSA-Spieler mit der Zeit entwickelt hat.
PG in ausgeprägter Form ist eine Bedrohung für den aventurischen Hintergund und somit eine Bedrohung für den durch den Hintergrund entstandenen (bzw. vielleicht auch anerzogenen) Spielstil.
Daher wohl auch die mitunter überzogenen Reaktionen, zumal die Absicht solcher Forendiskussionen in der Regel ja ist, dass die PG-Entscheidung von der Gemeinde als „stimmig“ abgesegnet werden soll.
b) Was ist denn an anderen Spielstilen, speziell am Powergaming, so schlecht, dass sie so niedergemacht werden?
Ob ein Spielstil schlecht ist oder nicht, zeigt sich daran, wie viel Spaß er den Beteiligten macht. Das was oft als PG bezeichnet wird, ist dann in der Regel meist auch keines, sondern geht eher in Richtung „Munchkinismus“, der dann meist dem Munchkin Spaß macht und sonst keinem. Der Powergaming-Begriff ist im Wortschatz der DSAler in der Regel falsch belegt.
Andere Spielstile werden nicht goutiert, da die Mehrheit der DSA-Spieler einen anderen Spielstil pflegen.
Vielleicht würde man sich in einem AD&D-Forum auch über eingefleischte Chrarakterspieler lustig machen, während einem Vampire-Rollenspieler die DSA-ler wahrscheinlich lächerlich viel würfeln und als üble Paragraphenreiter verrufen sind.
c) Was kann man dagegen tun? Oder ist es Euch egal, wie andere DSA und die DSA-Spieler sehen?
Ich denke nicht, dass man etwas dagegen tun kann und ich glaube auch nicht, dass man es muss.
Leute, die mir erzählen, dass DSAler alle „soundso“ sind, sind auch nicht viel besser als Leute die behaupten, dass bestimmte Spielstile nichts taugen. Am Spieltisch entscheidet sich, ob ich mit jemandem kann oder nicht kann oder ob ich etwas spielen mag oder nicht.
Rollenspieler aus allen Lagern, denen es derartig an Toleranz fehlt, dass sie sich nicht vorstellen können, dass Leute mit dem ein oder anderen Spielstil eben glücklich sind, sind wohl die einzigen wirklich „schlechten“ Rollenspieler.
><, und Amen