Harald hatte letztens ja schon darauf hingewiesen und mehr oder weniger die Frage gestellt: Wozu brauchen wir heute eigentlich noch Cons?
Am Wochenende war ja die RatCon in Dortmund. Eine relativ alte Veranstaltung, gibt es sie doch bereits seit dreizehn Jahren. Und ein in diesem Jahr nicht besonders gut besuchtes Treffen. Woran es lag? Ich kann es nicht sagen. Ich glaube aber auch, dass das Konzept Convention, wie es die RatCon ist, etwas überholt ist. Will die Veranstaltung überleben, müssen neue Ideen her, für die heutige Zeit angemessene Konzepte.
Was boten die RatCon-Veranstalter in diesem Jahr?
- Ein Veranstaltungsort, das FHH, mit vielen einzelnen Räumen für Spielrunden. Dazu ein „einfacher“ Saal und ein Theatersaal. Ein Außengelände mit Zelten, in denen weitere Spielrunden stattfinden können. Eine Turnhalle zum Massenschlafen. Ein Platz zum Zelten. Größtenteils gereinigte Toiletten.
- Nahrungsmittel von mittlerer bis geringer Qualität zu normalen Preisen. Auf dem Dorffest zahle ich beim Grillstand genauso viel, in der Kneipe bekomme ich für mein Geld nicht weniger Bier. Vegetarische Kost ist sehr einseitig. Die Küche wurde, wenn ich das richtig gesehen habe, vom FHH organisiert.
- Koordination von Workshops, Lesungen, Turnieren und Spielrunden. Die Inhalte müssen allerdings von den Besuchern kommen. Ich wüsste nicht, dass irgendwelche VIPs o.ä. extra gebucht werden, um Vorträge zu halten. Da die Convention allerdings von Ulisses veranstaltet wird, mangelt es natürlich nicht an hauseigenen Autoren, die Produkte präsentieren und Spiele — allen voran DSA — promoten.
- Bereitstellung von Angebotsfläche für Verkäufer und Künstler. Auch hier weiß ich nicht, inwiefern sich die RatCon-Orga aktiv um Läden und Künstler bemüht. Es waren jedenfalls ein halbes Dutzend Händler und ein paar Zeichner da.
- Ein ersatzlos gestrichenes Amber-Konzert.
- Eine Verlosung.
- Dazu kommen noch sowas wie Umzäunung des Geländes, Security, Auf- und Abbau von Zeilten usw. Davon habe ich als Besucher allerdings nur indirekt etwas. Trotzdem soll es hier nicht unerwähnt bleiben.
Reicht das?
Tja, genau das ist die entscheidende Frage. Das oben aufgezählte Angebot kostete zehn Euro, plus den Fahrt- und Verpflegungskosten. Plus Unterbringungskosten für zwei Nächte, falls man nicht Zelten oder Massenschlafen möchte.
Letztendlich muss ich für mich sagen: Die 10 € waren der geringste Anteil der Kosten für das Wochenende. Mit 55 € hat die Übernachtung im Hotel zu Buche geschlagen. Dazu kommen dann noch für 50€ Nahrungsmittel (Wasser, Kaffee, Met, Frühstück, Grillzeugs, Australier). Alles in Allem wird mich das Wochenende also etwa 115 € gekostet haben.
Ich vergleiche das einfach mal mit dem letzten Metstübchen-Treffen: Für 70 € gab es ein Haus mit Betten im Dreierzimmer. Es gab Tische für Spielrunden, Nahrungsmittel und saubere Toiletten. Dazu kamen noch rund für 10 € Süßigkeiten und Fremdgetränke. Insgesamt wird das Ganze etwa 80 € gekostet haben, war dafür aber auch eine Nacht länger, d.h. von Donnerstag auf Sonntag (und nicht nur Freitag bis Sonntag).
Rechnet man das einfach mal auf Stunden um, kostete mich die RatCon 2,40 € pro Stunde. Das Metstübchen-Treffen schlug mit 1,25 € zu Buche, kostete also gerade etwas mehr als die Hälfte.
Und was war daran anders? Ich konnte nichts kaufen. Es gab keine offizielle DSA-Promotion und Produktinformation. Es gab keine Lose. Und es waren weniger Leute da, und somit war das Angebot geringer: Es gab keine Künstler und keine Lesungen. Aber das habe ich auf der RatCon auch alles nicht in Anspruch genommen. Ich musste mich auf der RatCon um mehr kümmern: Essen, Schlafen. Der Schlafplatz war nicht direkt am Veranstaltungsort, hatte dafür aber eine vergleichbare Qualität. Der einzige Mehrwert der RatCon gegenüber der MetCon war eigentlich, dass ich auf der RatCon mehr Leute kennengelernt habe. Nicht, dass ich nicht auch auf dem Metstübchen-Treffen Leute kennengelernt habe, aber es waren weniger.
Produktinfos bekomme ich heutzutage genügend im Internet — dafür brauche ich keine Convention. Spielen tu ich in meiner Spielrunde zu Hause, auch dafür brauche ich keine Con. Einkaufen geh ich auch im Internet; der nächste Spieleladen ist unendlich weit weg. Und ob ich jetzt beim Sphärenmeister auf der Con einkaufe oder es übers Netz bestelle macht für ihn wohl auch kaum einen Unterschied. Einzig bekannte und (bisher) unbekannte Leute zu treffen und mit ihnen zu spielen, macht den Reiz von Conventions aus. Und wenn die RatCon nicht mehr bietet, als sie es (in diesem Jahr) getan hat, werde ich wohl auch nur dann wiederkommen, wenn ich dort Leute treffe, die ich seit einem Jahr nicht mehr gesehen habe. Also, bis nächstes Jahr ;)
Was könnte man denn besser machen?
- Zunächst mal könnte man versuchen, den Preis zu senken. Damit meine ich nicht die 10 € Eintritt, sondern den Preis für das gesamte Wochenende. Die sind für die Veranstaltung und was geboten wird angemessen. Vielleicht mal mit einem günstigen Hotel, einem Jugendgästehaus o.ä. in der Nähe zusammenarbeiten und Sonderpreise aushandeln, wenn man bucht, so dass ein anständiges Bett und Frühstück nicht mit 65 € reinhauen. Und damit hatte ich noch ein günstiges Hotel. Das Schöne daran wäre, dass für den armen Schüler, der sich nicht mehr leisten kann, immer noch Zelten/Turnhalle und Selbstversorgung möglich wäre.
- Dann könnte man versuchen, einen Mehrwert zu bieten. Das mpA ist ja schon ganz nett; hiermit erreicht man aber nur etwa 100 Teilnehmer der Convention. Das Konzert ist auch ein guter Ansatz, sollte dann aber auch stattfinden. Interessante Vorträge/Schulungen/Workshops von Leuten, die nicht nur deswegen kommen, weil sie gerne ihr Wissen weitergeben wollen, sondern weil sie vielleicht auch dafür bezahlt werden.
- Der Rabatt von 5 € für zweimal leiten ist lächerlich. Den brauche ich nicht, um zu leiten. Irgendwas cooles, nerdiges, was es sonst nicht gibt, wäre besser als Anreiz. Wie wäre es denn mit einem Charakter-Porträt? Oder einen Anreiz dafür, auch nur einmal zu leiten, oder auch Spiele zu leiten, die sonst keiner anbietet. Denn mit zweimal Leiten kommt man selber praktisch nicht dazu, an einer angebotenen Runde teilzunehmen.
- Geeignete, kostenlose Filmvorführungen (Fantasy, SF, Manga) rund um die Uhr; vielleicht auch absichtlich unbekannte Filme oder Aktionen, die man sonst so nicht macht (die komplette BBC-Serie „Per Anhalter durch die Galaxis“ am Stück).
- Offizielle Turniere zu Dingen, die in der Szene präsent sind (Kartenspiele, Rollenspiele). Ja, die Veranstalter wehren sich sicherlich nicht, wenn jemand ein Turnier organisieren will. Aber als Con-Organisator kann ich auch versuchen, Turniere auf meine Con zu bekommen.
- Echte Workshops, bei denen man auch was bewegen kann. Vielleicht mit Voranmeldung und Teilnehmer-Auswürfeln. Dann kann innerhalb von drei oder vier Stunden ein Teil der übernächsten Spielhilfe ausgearbeitet werden, unter der Anleitung eines verantwortlichen Redakteurs. Also nicht einfach nur sagen, was läuft und mal in die Runde fragen, was die Leute erwarten, sondern versuchen, produktive Ideen aus der Spielerschaft zu bekommen.
Wie seht ihr das? Ist das RatCon-Konzept so, wie es ist, zeitgemäß? Sollten nicht die Organisatoren mal auf den Trend der Zeit sehen? Oder zumindest Organisationsprobleme (z.B. das ausgefallene Konzert) in den Griff bekommen?