Dom hat nebenan meine technische Frage beantwortet, dann will ich mal schauen, ob ich meine Idee zusammenbekomme.
Inspiriert ist mein bunter Strauß an Ideen durch viele verschiedene Spiele, deswegen nochmal zur Erinnerung.
Zielsetzung: Den Kernmechanismus 3W20-Probe
erzählspielerisch umdeuten. Das bedeutet: Proben werden nur dann eingesetzt, wenn die Geschichte
erzählerisch an einem Wendepunkt ist. (Die Änderung hier ist festzulegen, was 'ungewisser Ausgang' bedeutet).
Die Definition eines solchen Wendepunktes variiert Gruppe zu Gruppe und Geschichte zu Geschichte. Solche Wendepunkte zu erkennen und sauber zu behandeln ist die Herausforderung bei Erzählspielen (und um das einfacher zu machen, sind viele Erzählspiele thematisch eng gefaßt, weil ein thematischer Rahmen dabei hilft.
In Anlehnung an die Informationsstrategie aus TSOY möchte ich, dass die
Spieler jederzeit wissen, welchen Risiken ihre Figuren ausgesetzt sind, bevor sie eine Probe machen. Das ist eine elementare Änderung zur üblichen Methode: Die Spieler wissen mithin nur bei einem Teil der Möglichkeiten, was passiert.
Vorsicht, „Theorie“
Bei TSOY werden die 4 As jeder Probe beschrieben:
- Absichtserklärung
- Anfang der Handlung
- Ausführung der Handlung
- Auswirklungen der Handlung
Der Hauptunterschied zwischen einer „DSA-Probe“ und einer TSOY-Probe ist der Informationsfluß. In der „DSA-Probe“ legt der Spielleiter die Notwendigkeit einer Probe fest, und der Spieler entscheidet sich, ob er die Probe macht oder nicht.
Wenn er die Probe macht, dann oft nur mit einem Teil der Information über die möglichen Auswirkungen seiner Handlung. Vieles wird implizit angenommen (Du schaffst es, über den Spalt zu springen, oder Du schaffst es nicht), aber gewisse Details werden erst festgelegt oder
interpretiert, wenn die Würfel liegen und man unausweichlich mit den Auswirkungen der Probe leben muß.
Der Spalt ist ein gutes Beispiel. Wenn ich die Probe nicht schaffe (keine Ahnung worauf Athletik geht, wahrscheinlich GE,GE,KK oder so), dann kann der SL festlegen, dass ich nicht weit genug komme und in den Spalt stürze, dass ich nicht springe und meine Verfolger kommen und mich gefangennehmen oder dass ich auf der anderen Seite ankomme, mir aber ein Bein breche… Im Prinzip alles legitim, aber ich als Spieler bin vielleicht lieber mit gebrochenem Bein auf der anderen Seite des Felsspalts als in Feindeshand. Zumindest aber will ich wissen, was meine Möglichkeiten sind. Das bedeutet: keine nachträgliche Interpretation, sondern Klärung der Möglichkeiten, bevor die Würfel fallen.
Um die 4 As nochmal aufzugreifen, eine kleine Tabelle. Ich skizziere die übliche DSA-Probe bezüglich der 4 As und ergänze kursiv meine Abweichungen
- Absichtserklärung: Der Spieler will, dass seine Figur etwas tut, wofür der SL eine Probe verlangt (bleibt identisch – der SL informiert den Spieler zusätzlich über Mögliche Folgen bei Erfolg und Fehlschlag – der Erfolgsfall ist meist implizit klar, aber hier kann man schon sagen, dass bei X Talentpunkten a passiert und bei X+Y Talentpunkten a und b drin wären. Ausserdem legt der SL fest, was passiert, wenn die Figur nichts tut, die Absichtserklärung also zurückgenommen wird.)
- Anfang der Handlung: Der Spieler entscheidet sich, die Probe durchzuführen. Er nimmt die Würfel und würfelt. Es gibt kein zurück mehr, jetzt ist alles entschieden. (Idee: Die Möglichen Fehlschlagsszenarien im Kopf legt der Spieler fest, wie er seinen TaW auf die Würfel verteilt; gibt es nur ein Fehlschlagsszenario – was meistens der Fall sein wird – entfällt dieser Teil.)
- Ausführung der Handlung: Oder Auswertung des Würfelwurfs. Die Würfel liegen und das Endergebnis wird festgestellt.
- Auswirkung: Der SL legt fest, was das Würfelergebnis für das Spielgeschehen bedeutet. (Das dem Würfelergebnis entsprechende Ergebnis tritt ein.)
„Theorie“ Ende.
Bisher hat sich an der Probe nicht viel geändert: Würfel werden nicht einzeln gewertet, die Probe wird am Stück durchgeführt, die Interpretation wird vom SL vorgegeben. Nur die Reihenfolge einzelner Elemente hat sich geändert.
Pragmatischer Einschub: Den Einwand das Spiel würde unnötig verlangsamt, wenn man sich immer vorher überlegen muß, was durch eine Probe so passieren kann, will ich aus eigener Erfahrung entkräften: Häufig genug sind die Ergebnisse ganz klar, und bedürfen keiner großen Worte. Nur sollte der Spielleiter dann hinterher nicht mit einer bösen Überraschung aufwarten… Dadurch, dass in einem Erzählspiel Proben immer wichtig sind (siehe die Definition oben), ist die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen sowieso notwendig. Und: Spannung entsteht nicht durch Unkenntnis, sondern wenn man das Unvermeidlich scheinende immer näher rückt. Die Probe trotz drohender schlimmer Folgen trotzdem durchzuführen kann dem ganzen Vorgang Tiefe verleihen.
Die vom Spieler vorher bestimmte Verteilung der Talentpunkte mag eine Abweichung sein, aber das wird mir bestimmt gleich noch mitgeteilt. Ich finde diese Variante der Talentpunktevergabe aber ganz gelungen.
Wenn ich die Proben einzeln werte, können bestimmte Attribute gerne für bestimmte Qualitäten herhalten – vielleicht sogar so ähnlich wie bei Æon Trinity, wo man mit den Punkten bestimmte Qualitätsmerkmale einkaufen kann; die häufigsten Elemente wären Genauigkeit und Geschwindigkeit (ohne diese an einzelne Attribute zu koppeln – das würde bei der Auswertung zu viel Zeit kosten).
Weitere pragmatische Anmerkung: Das scheint ziemlich viel Text, aber in der Praxis ist diese winzige Umstellung sehr effektiv; sie vermittelt den Spielern echte Optionen, und ein „wenn ich das gewußt hätte, hätte ich nie versucht, über den Spalt zu springen“ wird es auch nicht mehr geben können.
So erstmal Feedback abwarten.