Spoiler: (anzeigen)
Ich gehe davon aus, dass vielen Lesern die hier beschriebenen Dinge schon intuitiv klar sind, aber noch nicht explizit genannt wurden, insbesondere nicht die Höhe der Auswirkungen.
Es geht um das Phänomen: Einmal würfeln oder doch häufiger? Wo ist der Unterschied? Und warum würfeln wir besonders in Kämpfen dauernd so viel, und beim Feilschen meist nur einmal (wenn überhaupt)? Was ist dran, am mehrmals würfeln? Was hat das für Auswirkungen? Und warum gerade bei konkurrierenden Dingen, insbesondere im Kampf (aber auch z.B. bei Verfolgungsjagden oder ich erinnere mich an Armdrück-Wettbewerbe in alten DSA-Abenteuern)?
Neben weichen Gründen, wie „wird besser simuliert“, „ist spannender“ gibt es auch eine starke mathematische Begründung, warum mehrmaliges Würfeln sinnvoll ist. Der relevante Satz heißt „Starkes Gesetz der großen Zahlen“ und sagt aus: „Je häufiger wir ein Zufallsexperiment machen, umso genauer nähern wir uns im Mittel dem Erwartungswert an.“ Das führt dazu, dass die Wahrscheinlichkeit für den Sieg der besseren Seite steigen, denn meistens kommt es ja darauf an, wem häufiger seine Probe gelingt. Das Zufallsexperiment ist hierbei „Gelingt die Probe?“ und der Erwartungswert ist gerade die Wahrscheinlichkeit.
Bevor ich ein Beispiel durchrechne, hier das Ganze noch einmal anders formuliert. Meistens werden mehrere Würfel in Konkurrenzsituationen nötig. Das bewirkt, dass der Zufall aus dem Ganzen herausgenommen wird. Je mehr Würfel nötig sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Bessere gewinnt.
Spoiler zu "Beispiel": (anzeigen)
Als Beispiel hierzu möchte ich ein einfaches Kampfsystem machen. Die Spieler der verfeindeten Kämpfer A und B würfeln abwechselnd, ob sie den Gegner verletzen. Kämpfer A und B haben gleich viele, nämlich L Lebenspunkte. A hat eine Kampfstärke von ka=12, B hat eine Kampfstärke von kb=6. Beide würfeln mit W20; wenn sie höchstens ihre Kampfstärke erwürfeln, bekommt der andere einen Schadenspunkt. Wer zuerst bei 0 ist, hat verloren. Oder andersrum gesagt: Wer zuerst L Proben geschafft hat, gewinnt.
Fangen wir an mit L=1, das sind nur wenige Würfelwürfe.
Kämpfer A würfelt in der ersten Runde mit Wahrscheinlichkeit 0,6 einen Erfolg. Kämpfer B mit Wahrscheinlichkeit 0,3. Beide würfeln nun so lange, bis sie ihren ersten Erfolg haben. Ist die Anzahl der Runden von A kleiner der Anzahl der Runden von B, so gewinnt A, ist B kleiner als A, so gewinnt B. Bei Gleichstand wird das Ergebnis für beide zur Hälfte gewertet, da es dann darauf ankommt, wer anfängt. Das kann man ausrechnen oder simulieren und es kommt etwa eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 0,71 für A heraus. Möchte man das auf einen einzelnen W20-Wurf reduzieren, würde man zu A sagen: Würfel mit W20, bei 1-14 gewinnst du, bei 15-20 dein Gegner.
Typischerweise reichen für einen normalen Kämpfer drei bis vier Treffer aus, um ihn niederzustrecken. Rechnen wir das ganze also mit L=4 mal durch.
Beide würfeln also so lange, bis sie 4 Erfolge haben, mit denselben Wahrscheinlichkeiten und Bedingungen wie vorhin. Das Ergebnis ist eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 0,89 für A. Reduziert auf einen Wurf bedeutet das: Auf 1–18 gewinnt A, bei 19–20 B. Eine deutliche Verschiebung.
Für L=7 ist die Gewinnwahrscheinlichkeit von A 0,95.
Noch krasser wird es, wenn man noch die Lebenspunkte unterschiedlich gestaltet: Schon bei LA=6 Lebenspunkte vs. LB=4 Lebenspunkte steigt die Gewinnwahrscheinlichkeit für A auf 0,99, d.h. B hat praktisch keine Chance mehr.
(Im übrigen ist die Initiative umso wichtiger, je kürzer die Kämpfe sind. Macht das für L=1 einen Unterschied von zehn Prozentpunkten, sind es bei L=4 nur gut zwei).
Fangen wir an mit L=1, das sind nur wenige Würfelwürfe.
Kämpfer A würfelt in der ersten Runde mit Wahrscheinlichkeit 0,6 einen Erfolg. Kämpfer B mit Wahrscheinlichkeit 0,3. Beide würfeln nun so lange, bis sie ihren ersten Erfolg haben. Ist die Anzahl der Runden von A kleiner der Anzahl der Runden von B, so gewinnt A, ist B kleiner als A, so gewinnt B. Bei Gleichstand wird das Ergebnis für beide zur Hälfte gewertet, da es dann darauf ankommt, wer anfängt. Das kann man ausrechnen oder simulieren und es kommt etwa eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 0,71 für A heraus. Möchte man das auf einen einzelnen W20-Wurf reduzieren, würde man zu A sagen: Würfel mit W20, bei 1-14 gewinnst du, bei 15-20 dein Gegner.
Typischerweise reichen für einen normalen Kämpfer drei bis vier Treffer aus, um ihn niederzustrecken. Rechnen wir das ganze also mit L=4 mal durch.
Beide würfeln also so lange, bis sie 4 Erfolge haben, mit denselben Wahrscheinlichkeiten und Bedingungen wie vorhin. Das Ergebnis ist eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 0,89 für A. Reduziert auf einen Wurf bedeutet das: Auf 1–18 gewinnt A, bei 19–20 B. Eine deutliche Verschiebung.
Für L=7 ist die Gewinnwahrscheinlichkeit von A 0,95.
Noch krasser wird es, wenn man noch die Lebenspunkte unterschiedlich gestaltet: Schon bei LA=6 Lebenspunkte vs. LB=4 Lebenspunkte steigt die Gewinnwahrscheinlichkeit für A auf 0,99, d.h. B hat praktisch keine Chance mehr.
(Im übrigen ist die Initiative umso wichtiger, je kürzer die Kämpfe sind. Macht das für L=1 einen Unterschied von zehn Prozentpunkten, sind es bei L=4 nur gut zwei).
Und warum ist das gerade für Kämpfe wichtig? Weil da die Leute sterben. Letztendlich wird darüber versteckt eingeführt: „Wenn du besser bist als dein Gegner, wirst du in einem Kampf nicht sterben.“ Und wenn die Spielleiterin dann nett ist, sterben die Charaktere nicht. Ausnahmen bestätigen hier die Regel, es handelt sich schließlich um Wahrscheinlichkeiten.
Jetzt könnte man natürlich fragen: Und warum nimmt man dann nicht gleich hohe Wahrscheinlichkeiten mit nur einem normalen Würfelwurf (wie im Beispiel angeführt)? Ich denke, da gibt es mehrere Antworten. Erstens passen diese Wahrscheinlichkeiten nicht in das einfache Grundsystem der meisten Rollenspiele; sie sind ja nicht nur von meinen Charakter, sondern auch noch vom Gegner abhängig. Es ist also einfacher, mehrere Standard-Proben zu machen, als komplizierte Rechnungen. Zweitens wird dadurch die hohe Gewinnwahrscheinlichkeit verschleiert. Wodurch drittens die weichen Kriterien wie z.B. mehr Spannung besser zur Geltung kommen. Und viertens ist es sicherlich auch ein Stück weit Gewohnheit ("Dat hammer immer schon so jemacht!").