Früher war alles besser… so sagen zumindest viele Leute. In manchen Punkten haben sie vielleicht Recht, oft sehen sie aber die Vergangenheit einfach nur verklärt. Ich selbst erinnere mich auch gerne an meine DSA1-Zeiten zurück und denke, dass die Regeledition immer noch ziemlich gut ist. Ok, es gibt ganz klar einige Schwächen — trotzdem kann man mit den Regeln (auch heute noch) prima spielen. Oder kann nur ich damit gut spielen, weil ich gute Erinnerungen an Früher habe?
Jedenfalls hat John Wick in seinem neuesten Video ein Thema aufgegriffen, welches auch immer mal wieder hochkommt, insbesondere wenn Verlage neue Regeleditionen rausbringen: Die Preisentwicklung von Rollenspielen. Er vergleicht die erste Edition von Call of Cthulhu mit der aktuellen, der sechsten. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass der Preis zwar von 30$ auf 35$ gestiegen ist, es aber heute deutlichen Mehrwert gibt. Nicht nur, dass sich die Seitenzahl vervielfacht hat, auch die Schrift ist kleiner geworden und es gibt wesentlich besseres, auf Spielinhalte abgestimmtes Material. Dazu kommen noch massenweise Illustrationen.
Damit wird auch der zweite Vorwurf entkräftet. Der lautet: Um ein heutiges Rollenspiel vernünftig zu spielen, braucht man Splatbooks ohne Ende; das Grundregelwerk reicht (im Gegensatz zu früher) nicht aus. John geht zwar auf diesem Punkt nicht mehr gesondert ein, aber es ist schon klar, dass man mit dem einen Buch sofort losspielen kann und eben nicht erst Zusatzbücher braucht.
Jetzt bin ich ja aufgrund meiner Vorgeschichte eher an DSA interessiert. Das gibt es ja auch schon seit über 20 Jahren; das erste Abenteuer-Basis-Spiel erschien 1984 und kostete so um die 40 DM. Das wären nach heutigen Maßstäben etwa 20€ und entspricht ziemlich gut den 30$ von John Wicks erster CoC-Box. Was war enthalten? Ich habe leider nie eine dieser Boxen besessen (mein Kumpel Stefan hatte die); und habe selber nur die beiden enthaltenen Bücher. Jedoch gibt Wiki Aventurica hier nähere Auskunft. Wie es sich für ein ordentliches Spiel gehört, bestand DSA nicht nur aus Regeln. In der Box war wohl zu finden:
* Das Buch der Regeln, 64 Seiten
* Das Buch der Abenteuer, 56 Seiten
* Der „Schwarze Auge“ Paravent (Meisterschirm)
* Das „Dokument der Stärke“ (mehrfach)
* Der „Plan des Schicksals“ (mehrfach)
* Das „Kampfprotokoll“ (mehrfach)
* 3 Augenwürfel (6 Seiten, weiß) und 1 zwanzigseitiger Würfel (blau oder schwarz)
* Kugelschreiber (gelb mit blauem Schraubverschluss zum Minenwechsel; starre Mine ohne Kappe)
Wir hatten die Version mit dem schwarzen Würfel. An den Kugelschreiber kann ich mich nicht erinnern. (Im Übrigen, Magnus: MK 8 ist richtig! *verbeug* MK 10 war ein „erfahrener Ork“, aber erst nach DSA2-Regeln.)
Die eigentliche Regeleinführung gab es im Buch der Abenteuer, durch ein Solo-Abenteuer. Das Buch der Regeln ist etwas verwirrend aufgebaut, aber aufgrund der „Dicke“ war das nicht so schlimm. Es gab fünf Klassen (Abenteurer, Krieger, Magier, Elf, Zwerg), dreizehn Zaubersprüche (davon sieben auch für Elfen) und sechs Monster (Ork, Goblin, Oger, Troll, Kobold und Tatzelwurm); außerdem fünf Stabzauber und zehn magische Utensilien. Weltbeschreibung gab es, außer ein paar Worten im Buch der Abenteuer, keine.
Wie sieht dagegen die moderne Version von DSA aus? Nehmen wir doch einfach mal das Das Schwarze Auge — Basisregelwerk. Zweihunderachtundachzig eng bedruckte Seiten, mit Hintergrundbeschreibung der Welt (insbesondere Andergast), zwölf Archetypen, eine flexibele Charaktererschaffungskapitel (mit dem bekannten Rasse/Kultur/Profession-Schema), recht detaillierten Kampf- und Talentregeln, ein kleines Bestiarium usw. Hier bekommt man eine Menge Material an die Hand, mit der man sofort losspielen kann, ohne sich „die typische Fantasy-Welt“ komplett selber ausdenken zu müssen.
Das ganze kostet 30€, also echte 50% mehr als die ursprüngliche Basis-Box. (Der Eiskugel-Preis hat sich in dieser Zeit übrigens locker verdreifacht). Dafür erhält man aber auch mindestens die fünffache Textmenge. Okay, keine Würfel, keinen Kugelschreiber und kein Kampfprotokoll. Das sind Dinge, die man jetzt herunterladen und ausdrucken bzw. zukaufen muss, was ich persönlich für ein Einsteiger-Produkt ärgerlich finde. Aber gut, Rollenspiele als Bücher zu verkaufen ist heute modern.