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DSA: rillenmanni rezensiert: Dämmerstunden (Blog) {DSA, Dämmerstunden, Rezension}
26.10.2012, 01:11
rillenmanni

rillenmanni rezensiert: Dämmerstunden

Auf diese DSA-Anthologie habe ich mich gefreut, schon allein, weil es in Dämmerstunden um meine besten Freunde geht: Untote, Geister, Ghule, eben all jenes Gesocks aus meinen schönsten Alpträumen. Endlich konnte ich mir den Band intensiv zu Gemüte führen, und ich bin tatsächlich angetan. Zwar bin ich nicht von jedem der vier enthaltenen Abenteuer gleichermaßen überzeugt, aber schlechte Abenteuer muss man mE andernorts suchen. Ich spreche hiermit eine Kaufempfehlung aus. Eine konkrete Punktzahl (Skala 0 bis 10) vergebe ich nicht hier, sondern jeweils für die einzelnen Abenteuer, die ich in den nächsten Tagen für euch en detail besprechen werde. Im Folgenden findet ihr ein paar oberflächlichere Bandbetrachtungen inkl. einer Kurzvorstellung der Abenteuer.

Gute Ausarbeitung – kurze Vorbereitung!

Zunächst einmal besticht die Anthologie durch einen hohen Ausarbeitungsgrad aller Abenteuer. Dämmerstunden gehört zur Abenteuerklasse 96-Seiter. Tatsächlich aber befinden sich zwischen den Buchdeckeln 116 Inhaltsseiten (109 ohne Kartenmaterial). Persönlich trete ich für drei Abenteuer pro Band ein, eben weil der Ausarbeitungsgrad von Anthologien oft gehörig zu wünschen ließ. Und kaum etwas kann ich weniger leiden, als wenn ich einen hohen Aufwand an Vorbereitung in ein Abenteuer investieren muss, nur weil … nein, nicht weil der Autor zu faul war, sondern typischer Weise, weil der Autor gezwungen ist, weit über das vernünftige Maß hinaus zu kürzen bzw. offensichtlich notwendige Ausarbeitungen von Details und Szenen gar nicht erst durchzuführen. In Dämmerstunden aber ist etwas ganz Drolliges passiert: Das Zeichenkontingent wurde an die Erfordernisse angepasst! Die Folge davon sind vier Abenteuer, die fast immer alle nötigen Informationen enthalten und somit schnell vorbereitbar sind!

Gutes Lektorat? – Gute Autoren!

Anschwellender Bocksgesang in den Rollenspielforen ist ein Phänomen, das auftritt, wenn sich Mängel in Rechtschreibung oder Grammatik, Satzdopplungen und bloße Tippfehler bzw. inhaltliche Fehler aufgrund ihrer Quantität zwischen Leser und Lesegenuss drängen. Und ich stimme grundsätzlich zu, dass ein Verlag in dieser Sache Sorgfalt walten lassen muss. Die Böcke können diesmal aber Ruhe bewahren. Denn Dämmerstunden befindet sich in einem gut lektorierten Zustand, wofür – wie ich nicht ganz zufällig weiß – bereits die Autoren Sorge getragen haben. Formale und inhaltliche Fehler kommen vor, sind aber wirklich selten – wenngleich der Bandredakteur ausgerechnet in seinem eigenen Abenteuer ruhig an die Abenteuerpunkte hätte denken können! =)

Kurzvorstellung des Inhalts

Jedes der vier Abenteuer steht für sich selbst: Es gibt keinerlei verbindende Details, noch wird anderweitig versucht, die Abenteuer unter ein gemeinsames Dach zu bringen. Und das finde ich weise. Denn etwaige Versuche stünden im Zweifel der Qualität des einzelnen Abenteuers im Wege, weil die Abenteuer Kompromisse schließen müssten.

Geisterjahrmarkt

In diesem 25-seitigen Abenteuer von Muna Bering und Jan Bratz bekommen es die Helden an einem schauerlichen Tatort mit einem schier übermächtigen Gegner zu tun, der sich zum Leidwesen der Helden nur allzu ausgiebig mit ihnen befassen möchte. Es wird für erfahrene Helden empfohlen und gibt vor, mit einer für Spieler niedrigen bzw. für den Spielleiter hohen Komplexität aufzuwarten. Das Abenteuer kann in beinahe jeder aventurischen Pampa angesiedelt werden und lässt sich sowohl von der Spieldauer, wie von der gespielten Dauer sehr flexibel einschieben. Der Metaplot muss and die Leine und draußen bleiben.

Die Nacht der geifernden Mäuler

In diesem 20-seitigen Abenteuer von Dominic Hladek befinden sich die Helden ab frühestens 1032 BF im befreiten Warunker Umland. Dort sind die Helden als Anwälte zwölfgöttlicher Zivilisation unterwegs, bis sie bemerken, dass sie … Nun, verrammelte Türen halten nicht ewig, und dann könnte auf den einen oder anderen Helden das letzte Gefecht warten. Dominic stellt für den Bedarfsfall sogar lösliche Helden zur Verfügung, um nicht im GAU das Lebenswerk eines DSA-Spielers in den Orkus zu jagen. =) Das Ganze wird für erfahrene Helden empfohlen und gibt vor, mit einer für Spieler niedrigen bzw. für den Spielleiter mittleren Komplexität aufzuwarten. Der Metaplot gestaltet die Startbedingung, muss aber während des Abenteuers das geifernde Maul halten.

Das letzte Stündlein

In diesem 23-seitigen Abenteuer von Martin John manövrieren sich die Helden im mitleidlosen Thalusa in eine schier ausweglose Situation, in der sie mit dem sie umgebenden Tod und der Vergangenheit enger anbandeln müssen, als ihnen lieb sein kann. Sie sind eben nicht die einzigen, die im Laufe der Zeit haarsträubende Pläne geschmiedet haben. Das Abenteuer wartet schlussendlich mit einer oberkühlen Konsequenz auf, evtl. gar mit zweien. Empfohlen werden Einsteiger oder erfahrene Helden, die Komplexität für Spieler bzw. Spielleiter soll mittel bzw. niedrig bis mittel sein. Der Metaplot enthauptet munter unbekannte NSC im Hintergrund, aber die Helden können ihm ein Schnippchen schlagen – wenn sie denn wollen.

Hinter dem Spiegel

In diesem 22-seitigen Abenteuer von Muna Bering und Roman Bering werden die Helden zu Werkzeugen in einer abseitigen Intrige, die sie dann auch nicht mehr lebendigen Leibes entlassen möchte. Aber wackere Helden, die dies überlebt haben, werden doch gewiss einen erneuten Gang hinter die Dinge nicht scheuen, oder? Dieser Parcours wird erfahrenen Helden anempfohlen, bei vorgeblich hoher Komplexität für Spieler und mittlerer für den Spielleiter. Der Metaplot hat keine Ahnung vom Geschehen und wird auch während der Handlung nicht in den Spiegel schauen.

Gruselt's denn?

Dämmerstunden verkauft sich uns als eine Gruselanthologie. Sie kann aber natürlich die Tendenzen des Genres nicht negieren: DSA bespielt einen phantastastischen Hintergrund voller Zauber und Wunder, dessen Rahmenbedingungen ganz andere als die unserer irdischen westlichen Wirklichkeit sind. Das Gruselerlebnis stellt sich bei unsereins für gewöhnlich ein, wenn entweder die schlimmsten Befürchtungen einzutreten scheinen, oder Selbstverständlichkeiten der Erfahrung (möglicherweise subtil und doch) deutlich erschüttert werden. Im Fantasy-Genre wird eher gestaunt statt erschüttert, weil hier von den Spielern – und genau die muss man ja erreichen, nicht ihre Helden – grundsätzlich alles für möglich gehalten wird. Da haben es Jetzt-Zeit-Rollenspiele, in denen die Spieler „echte Menschen“ verkörpern, allemal einfacher. Und aus diesem Grund erwarte ich auch von dieser Anthologie nicht, wahrhaft gruselig zu sein. Mir reicht es, wenn die Themen bedient werden, und die Absicht klar zu erkennen ist.

Tatsächlich haben sich die Autoren Gedanken gemacht, um in den Abenteuern ganz unterschiedliche Aspekte des Haarsträubenden zu präsentieren. Ein ganzes Arsenal an Effekten und Situationen wird ausgepackt, ob nun Urängste angesprochen werden (zB die Themen Finsternis oder lebendig begraben), Abscheu oder Schreckliches, oder ob schlicht die Konfrontation mit dem Jenseitigen stattfindet, natürlich alles jeweils vor entsprechender Kulisse. Dabei macht es sich das brachialste der vier Abenteuer – Nacht der geifernden Mäuler – am einfachsten, weil es den schmalen Grat des Versuchs, „feine“ Gruselstimmung zu erzeugen, rasch verlässt, um stattdessen einen Crash-Kurs in Anatomie zu geben. Und im Hinblick auf meine einschränkenden Bemerkungen zum Genre finde ich in Das letzte Stündlein und in Hinter dem Spiegel die besten Anlagen für ein Gruselerlebnis vor. Insgesamt setzen die Abenteuer ihre Elemente mal gelungen, mal mit Potential nach oben ein. Ich werde in den Detailbesprechungen auf diesen Punkt eingehen, so mir etwas besonders auffällt.
26.10.2012, 10:16
Der Mönch
Juhuu der manni rezensiert Grusel-Sachen! Da läuft mir doch ein Schauerlein über den Rücken.
3.11.2012, 12:37
E-Mail – WWW
Jens
Kühle Rezensionen und sehr gut geschrieben! Und ich weiß auch grad nicht, warum ich die Threadreihenfolge mit meinen Antworten einfach mal total unbloggemäß umkehre… aber es macht echt Spaß die Dinger zu lesen! Schreib mehr Rezis — ich habe hier zumindest gelernt, dass mehr Superlative mich neugierig machen (die anderen Rezis kommen mit weniger aus, lassen die Szenarien dadurch aber auch etwas weniger attraktiv erscheinen).
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