Metstübchen-Logo
Irdisches: Deutsch schreiben
21.3.2009, 08:02
E-Mail – WWW
Dom
Ein kleiner Text aus der Reihe „Hierher kann ich verweisen, wenn…“
Es kotzt mich an, wenn irgendwelche schlauen Leute kluge Texte schreiben, die so geschrieben sind, dass sie keiner verstehen kann. Okay, das „keiner“ ist natürlich übertrieben: Mindestens die Autorin und eine handvoll elitärer Gleichgesinnte verstehen sie natürlich schon. In dieser Art fällt immer wieder die intellektuelle Elite auf (Ha! Eine Verallgemeinerung! Dadurch wird mein Text natürlich völlig unseriös, aber das ist Absicht.), aber auch andere Menschen meinen, sich hinter Fremdwörtern, leeren Worthülsen und gequirlten Ausdrücken verstecken zu müssen.

Warum tun die Schreiberinnen so etwas? Ich sehe folgende Möglichkeiten:
1. Die Autorin will nicht von normalen Leuten verstanden werden. Sie will zeigen, dass sie über der Normalbürgerin von nebenan, über mir und dir steht. Sie will, wenn sie mit einer Voraussage zufällig ins Schwarze getroffen hat, hinterher ihren Text hervorkramen, die entsprechende Stelle rot markieren und sagen: „Seht her! Ich habe es schon vorher gewusst!“ Und dann können sie und ihre oberschlauen Freundinnen sich als Elite und Mahner der Gesellschaft feiern lassen.

2. Die Autorin will, dass sie gelesen und verstanden wird. Sie bemerkt, dass sie es nicht wird und ist ehrlich bestürzt darüber, sind ihre Texte doch Ergüsse ihres überdurchschnittlichen Verstandes. Leider hat sie verlernt, sich für die kleine Frau auf der Straße auszudrücken und schreibt an ihrer Zielgruppe vorbei. Das weiß sie nicht, aber sie würde es verstehen, wenn man sie nur drauf hinweisen würde. Tut aber keiner, denn um sie herum gibt es eine Blase von ebenso oberschlauen Denkerinnen, die der Autorin recht geben: „Ja, das Niveau! Natürlich verstehen dich die BLÖD-Zeitungs-Leserinnen nicht, mach dir also nichts draus.“

Daher rufe ich allen zu, die gelesen werden wollen: Schreibt so, dass euch jeder versteht! Wenn ihr wirklich so schlau seid, wie eure armseligen Texte voller Fremdworte und verkopfter Formulierungen stecken, dann könnt ihr auch lernen, verständlich zu schreiben! Man kann auch kurze Sinneinheiten in Sätzen bilden, man kann Fremdworte vermeiden oder – wenn sie nötig sind – erklären. Liebe Autorinnen, es ist nicht nötig, Nebensätze mehrfach zu schachteln! Nur so werdet ihr gelesen und verstanden.
Anmerkung: Sollten sich männliche Autoren aus dem obigen Text ausgeschlossen fühlen: Kein Wunder. Ich habe ja auch nur von Autorinnen gesprochen, was im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch die weibliche Form betont und eigentlich auch ausschließlich bezeichnet. Ich möchte jedoch vermeiden, dass sich umgekehrt – wenn ich nur die männliche Form benutzt hätte – die Frauen aus den Formulierungen ausgeschlossen fühlen. Daher habe ich im Zuge der Gleichberechtigung mit dem Text zwar nur die Frauen angesprochen, aber beide Geschlechter gemeint.
Buchempfehlung: Deutsch fürs Leben: Was die Schule zu lehren vergaß; von Wolf Schneider
Irdisches: Deutsch schreiben
Impressum — Datenschutz — Über das MetstübchenRSS