Spontanität
Wie Georgios im Thread zum ersten Teil schon geschrieben hat:Zitat von Graham:
it’s more about the the thought process than the techniques.
Das ist in diesem Teil hier besonders wichtig. Es werden auch Techniken vorgestellt, doch alles muss man unter dem Licht des obigen Zitates sehen.
Diese Art der Denkprozesse kann man mit den folgenden Stichworten beschreiben:
- offensichtlich sein
- nicht clever sein
- Selbstzensur und Vernunft
Zunächst werden diese drei Dinge beschrieben und dann ein paar Techniken (blockieren und akzeptieren) dazu vorgestellt.
Sei offensichtlich!
Das Offensichtliche ist eine persönliche Angelegenheit. Wie persönlich, kann man gut an den Antworten zu Setzt die Geschichte fort sehen. Die Idee dazu stammt übrigens auch von Graham, der denselben „Test“ in einem anderen Forum gemacht hat.Die erste Frage war ja direkt nach dem offensichtlichen, die zweite war auch noch ohne längeres Nachdenken, also spontan, zu entscheiden. Ich zähle hier mal nicht auf, was die Leute geantwortet haben … das kann man ja im anderen Thread nachlesen.
Von alle gegebenen Antworten sind nur wenige davon gleich (nämlich dass die Frau sich umdreht). Was man daran sieht: Das offensichtliche ist für (fast) alle Leute verschieden, d.h. auch wenn sich der Spielleiter selbst nicht überrascht, so ist doch für die anderen Spieler das Offensichtliche meist sehr überraschend. Zudem sind die Hälfte der gegebenen Antworten Fortsetzungen, an denen jeweils der Autor auch selbst gefallen findet :)
Versuche nicht, clever zu sein!
Mit der dritten Frage wurde versucht, besonders clevere Antworten zu bekommen um zu demonstrieren, dass die cleveren Antworten zwar clever sind aber oft auch übertrieben. Da aber Rollenspieler üblicherweise etwas Übung im Geschichten erzählen haben, fällt dieser Teil nicht so krass aus wie bei nicht-geübten Personen. Trotzdem sind natürlich einige Übertreibungen dabei, was man insbesondere auch an Chadims Aussage sieht ;)Ich habe übrigens meine eigenen Antworten nur geschrieben, weil ich mit gutem Beispiel voran gehen wollte. Ich kannte ja das Ziel der Fragen und auch die Antworten von Story Games.
Selbstzensur und Vernunft
In den meisten Rollenspielrunden versuchen die Spieler, ihre eigene Persönlichkeit zu schützen. Sie spielen auf Sicherheit, sie bemühen sich beispielsweise, nichts von ihren eigenen sexuellen Vorlieben, ihrer Gewaltbereitschaft oder anderen Gefühlen ins Spiel einzubringen und halten sich (bewusst oder unbewusst) selbst zurück. Als konkretes Beispiel nennt Graham das Erschießen einer Schwangeren.Um auf Sicherheit zu spielen lehnen sich Spieler oft zurück und wollen unterhalten werden — sie agieren dann nur innerhalb des vom SL gestecken, sicheren Rahmens. Graham meint aber, es wäre besser, den Schild auch mal fallen zu lassen, denn dadurch würde das Spiel interessanter, weil man selbst persönlich durch eine solche Geschichte herausgefordert wird. Ich persönlich meine allerdings, dass es für das Spiel besser ist, solche Tabus tabu sein zu lassen … es geht schließlich um ein Spiel und nicht um eine therapeutische Sitzung.
EDIT: Dazu sei angemerkt, dass man seinen Schild auch scheinbar fallen lassen kann, d.h. man erzählt zwar Dinge, die an der „gefährlichen Oberfläche“ kratzen, dringt aber nicht wirklich zum Kern vor. Für die akzeptieren-Technik, die jetzt vorgestellt wird, reicht das mMn völlig aus.
Danach stellt Graham zwei Techniken vor, mit denen man sich schützen (blockieren) oder öffnen kann (akzeptieren). Im Prinzip bedeutet blockieren nichts anderes als „nein“ zu anderen Ideen zu sagen, akzeptieren bedeutet „ja“.
Blockieren und akzeptieren
Zunächst zum blockieren. Das passiert oft unbewusst. Im realen Leben ist blockieren ganz normal und auch notwendig, denn blockieren gibt Sicherheit.Zitat:
„Du Arsch!“ — „Hey, reg dich ab, Mann.“
„Ich bring dich um!“ — (Flucht)
Im Spiel möchte man aber Spannung:
„Ich bring dich um!“ — (Flucht)
Zitat:
„Du Arsch!“ — „Lass uns vor die Tür gehen.“
„Ich bring dich um!“ — „Sobald du deine Kanone auch nur berührst, bist du tot!“
Im Spiel ist es häufig eine Plan, den man nicht durchkreuzt haben will; alles, was davon abweicht, lehnt man ab. Das kann einem als Spielleiter leicht passieren — und dann heißt es hinterher „Railroading!“.„Ich bring dich um!“ — „Sobald du deine Kanone auch nur berührst, bist du tot!“
Weiterhin blockieren viele, weil sie auch im Spiel ihren persönlichen Schild aufrecht erhalten wollen, wie ein paar Zeilen weiter oben besprochen, und zuletzt spielt auch hier der Status eine Rolle, denn ein Spieler möchte nicht unbedingt an Ansehen verlieren und im Status sinken, obwohl es sicherlich zu interessantem Spiel führen könnte.
Das Gegenteil von blockieren ist akzeptieren. Das ist das, was Frank mal als Ja-Sager-SL bezeichnet hat, was man aber im Rollenspiel auch von Spieler zu Spieler empfehlen kann. Akzeptanz führt im Allgemeinen zu interessanterem Spiel, weswegen Graham (und im übrigen auch ich) es grundsätzlich empfiehlt. Darüberhinaus ist ein „Ja, und …“ oder ein „Ja, aber …“ meist noch besser als ein einfaches „Ja“ (auch wenn es versteckt rüber kommt).
Zitat:
„Ich schleiche mal ums Haus rum und suche nach einem Hintereinang“ — „Du kommst an eine kleine, verschlossene Holztür“ — „Ich knacke sie mit meinem Dietrich“ — „Das Schloss springt auf und der Alarm geht los“
Hier sind zwei Beispiele für „Ja, und …“. Akzeptieren heißt nicht, nett zu sein ;) Das Problem an der Technik „akzeptieren statt blockieren“ ist nicht, sie zu begreifen. Das ist einfach. Problematisch ist, seine eigenen mentalen Blockaden zu überwinden und die Änderung, die das „Ja“ mit sich bringt, zu akzeptieren. Hat man das einmal kapiert, wird Rollenspielen sehr viel einfacher.
Wo liegen die Änderungen im Spiel?
1. Man kann nicht bzw. viel schlechter vorausplanen, weil man ja die Ideen der anderen akzeptiert und diese nicht kennt.
2. Um damit zurecht zu kommen, muss man das Offensichtliche tun: Das geht schnell und ist gut.
3. Dazu muss aber die Selbstzensur, der persönliche Schild, unten sein. Sonst kann man nicht so spontan reagieren und akzeptieren.
Zusammengefasst: Akzeptiere, plane nicht voraus, sei offensichtlich und halte deinen Schild unten.
Eigentlich wollte Graham noch was über „Ja, aber …“ erzählen, hat er dann aber weggelassen. Weiter gehts dann irgendwann mit Teil 3, bei dem es ums Erzählen geht (glaube ich *g*).