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4.11.2010, 14:40
JensN
Hallo Leute,

im Abendprogramm des Fernsehns erfreuen sich Serien großer Beliebtheit.

1) Dabei gibt es Serien sie eine Handlung haben die immer weiter aufgebaut wird (z.B. Lost).

2) Weiterhin gibt es Serien, die nur aus einzelnen Episoden bestehen (z.B. Die Simpsons).

3) Dann gibt es noch Serien die beides miteinander verbinden.

Neben den Mischformen (3) zwischen 1 und 2, gibt es die beiden Formate 1 und 2.

Bezüglich einer Kampagne die ich gerade vorbereite, überlege ich welches Format ich für meine Abenteuer annähernd verweden will und worauf es bei den drei Konzepten von Fernsehserien, übertragen auf den Bau von Rollenspielkampagnen, ankommt.

Was sind die Vor- und Nachteile der Einzelnen Konzepte?

Was habt ihr dazu für Ideen?

(Ich möchte nicht auf einen platten goldenen Mittelweg hinaus, sondern klar die Vor- und Nachteile herausarbeiten, um die einzelnen Formate dann gezielt einsetzen zu können. Dies heißt nicht, dass Punkt 3 ausgeschlossen werden soll. Lediglich möchte ich gleich darauf hinweisen, dass ich keine Verallgemeinerung in diese Sinne zum Ziel habe.)
zuletzt geändert: 4.11.2010, 14:42
4.11.2010, 16:35
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Rukus
Interessante Frage. Das klassische Heldenleben basiert ja erstmal auf der Simpson-Variante. Es gibt abgesehen von den Darstellern nur sehr lose Verknüpfungen. Typisch wären dafür wiederkehrende NSC. Eine klassische Kampagne bedient hingegen eher die LOST-Variante. Allerdings muss man selbst da Einschränkungen machen. Nimmt man die Phileasson Saga, hat man Einzelepisoden in einem größeren Handlungsrahmen. Ich vergleich das mal mit Star Trek. Für mich ist das eines der besten Beispiele für die Variante 3.

Nehmen wir mal Deep Space 9. Ein großer Teil der Serie handelt vom Dominion-Konflikt, also einem klassischen Kriegsszenario. Dieser Krieg wird von allen möglichen Seiten beleuchtet und bearbeitet. Ein wenig kann man es wohl mit dem Jahr des Feuers verleichen. Kampf, Intrige, Sabotage, Spionage oder auch Rettungsmissionen. Aber (typisch für Star Trek) gibt es immer wieder diese teils interessanten, teil eher nervigen „persönlichen Episoden“. Ich meine die Episoden, bei denen bestimmte Personen ihre „Spotlighttime“ bekommen und deren Inhalt weitestgehend irrelevant für den „Metaplot“ an sich ist. (z.B.: Who mourns for Morn?)

Was bedeutet das nun?

Da ich nicht weiß, was du planst, muss ich rumtheoretisieren. Nehmen wir als Setting mal eine Stadt und nennen sie Springfeld. ;)

Wählst du die simpsonesque Variante, spielst du quasi willkürlich Abenteuer in dieser Stadt. Die Helden lernen die Leute kennen, verbessern vielleicht ihre Kenntnisse zur Stadt und so weiter. Der Vorteil ist einfach der, dass du bei Folgeabenteuern, die ja eigenständig funktionieren, auf die Ergebnisse der vorherigen eingehen kannst. Haben die Helden den korrupten Büttel getötet oder verhaftet? Erstmal egal, aber im weiteren kann man darauf sogar mit nem separaten Abenteuer bzw. Kapitel der Kampagne reagieren. Es ergeben sich neue Abenteuer aus dem aktuellen und können ohne die Kampagne groß zu stören umgesetzt werden. Schade ist hier nur, dass man ja eigentlich kein größeres Ziel hat. Klar kann sich aus all den Episoden ein großes Bild ergeben, aber es fehlt in meinen Augen irgendwie das große Ganze. Man muss aber klar sagen, dass es hier auf die Gruppe ankommt. Das ganz große Abenteuer sucht eine „Gauklertruppe“ nicht. Der Krieger mit den Puniner Magus an seiner Seite mag hingegen an dem Klein-Klein weniger Freude haben und eher die große Herausforderung suchen.

Für die LOST-Variante musst du hingegen schon den kompletten Metaplot im Kopf haben und Entscheidungen der Helden können dir schneller die Suppe versalzen. Der Büttel soll nur bewusstlos geschlagen werden und irgendwer prügelt ihn in Rogar-Manier tot. Pustekuchen! Dafür kannst du auf diese Weise eher die „epischen“ Abenteuer ansetzen. Immer mit Hinblick auf die Gruppe natürlich.

Wählst du die Mischform, kannst du ein größeres Ziel ans Ende stellen und dich mit deiner Gruppe Stück für Stück annähern. Und wenn ihr vor der Rettung der Stadt vor dem Jungfrauenfressenden Drachen oder der Hebung des Schatzes kleine Abenteuer oder Szenarien einstreut, stört es nicht.

Sehr schön finde ich persönlich, wenn man in kleinen Schritten auf ein (den Helden und Spielern unbekanntes) großes Ziel hinsteuert. Als simples Beispiel könnte man die klassische Schatzsuche nehmen. Während die Helden im Laufe vieler kleiner Abenteuer immer wieder mehr oder weniger versteckte Hinweise auf einen Schatz erhalten, versuchen sie irgendwann mehr heraus zu finden. Im Laufe der sich entwickelnden Suche nach dem Schatz bzw. der Karte stolpern sie von Abenteuer zu Abenteuer. Man bereist den ganzen Kontinent und erlebt viel. Einiges, das mit dem großen Ziel zu tun hat und einiges, was ablenkt oder einfach nur da ist.

Letzteres ist natürlich eine Variante der Mischform. Was du aber wirklich wählen solltest, hängt sehr stark von dem ab, was deine Helden erleben sollen und auch deren Konstellation.

Ich hoffe, meine leicht wirren Ausführungen haben dir ein wenig geholfen. ;)
zuletzt geändert: 4.11.2010, 16:40
4.11.2010, 23:42
Dom
Jo, die beiden Formen von Serien gibts wohl. Da hab ich mir auch schon Gedanken drüber gemacht: Bei Serien hat das meist noch andere Konsequenzen, nämlich in der Handlung, im „Metaplot“ und auch in der Charakterentwicklung.

1) Fortlaufende Serien. Beispiele sind viele der modernen Serien (Heroes, DS9, Boston Legal). In den Serien gibt es oft zwei Erzählebenen: Eine Geschichte pro Episode, die den vordergründigen Teil der Serie ausmacht. So ist DS9 eine Weltraumserie und Boston Legal eine Anwaltsserie. Häufig sind diese vordergründigen Episoden auch noch miteinander verbunden, bis hin zu einer einzigen Geschichte, deren Erzählung durch das Ende einer Episode einfach nur unterbrochen wird. Die andere Erzählebene ist meist auf Charakterebene angelegt und fesselt den Zuschauer dann über die Episoden: Wie verändern sich die Charaktere und ihre Beziehungen?

Den einen Teil, die vordergründige Geschichte, ist auch das, was in Rollenspielkampagnen durch den SL vorbereitet wird. Fortlaufend eine Geschichte erzählen, meist Action in irgendeiner Form. Der hintergründige Teil spielt oft keine Rolle, der kommt (wenn überhaupt) durch die Interaktion der Spieler miteinander zustande. Nur in einigen Indie-Spielen wird konkret darauf abgezielt (z.B. Primetime Adventures, The Shadow of Yesterday oder Sorcerer).

Vorteile dieser Variante:
* Fesselnderes Spiel durch übergreifende Veränderungen
* Lebendige Spielwelt
* Kontinuität im Spiel, weniger „unmögliche“ Dinge
* Komplexere Erzählungen mit mehreren Ebenen möglich

2) Episoden-Serien. Beispiele sind Simpsons und viele der 80er-Jahre-Serien (A-Team, Knight Rider, Ein Colt für alle Fälle) sind fast rein episodenhaft aufgebaut. In den Serien gibt es praktisch keine Charakterentwicklung, manchmal gibt es einen Hauptgegner, der dann aber niemals entgültig besiegt wird.

Übertragen auf eine Rollenspiel-Kampagne bedeutet das: Du hast keinerlei Metaplot und musst dich nicht mit Konsequenzen für die Welt herumschlagen. Man kann im ganz strengen Fall dadurch auch abgefahrene Konzepte ausprobieren (vgl. auch „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in der sich der Typ eine Zeitlang immer wieder auf andere Art und Weise umbringt oder auch http://www.youtube.com/watch?v=UBoTEZxWkec).

Dogs in the Vineyard setzt übrigens auf dieses Prinzip: Die Dogs (=Wander-Richter, Henker und religiöse Obermacker in Personalunion) reisen von Ort zu Ort und besiegen das Böse.

Vorteile dieser Variante:
* SL-Wechsel ist problemlos möglich
* Fluktuationen in der Gruppe sind kein Problem
* Niemand muss sich tief in die Welt hineindenken (auch nicht der SL)
* Spielfiguren können leicht gewechselt werden
* „Unlogische“ Konzepte möglich, bis hin zur regelmäßigen Vernichtung der Spielwelt
5.11.2010, 09:33
JensN
Bisher habe ich meist Kampagnen nach Format 1, geleitet. Nun bin ich am überlegen meine kommende Shadowrun-Kampagne anders aufzuziehen.

Zitat von Dom:

* Niemand muss sich tief in die Welt hineindenken (auch nicht der SL)
Das was in Klammern steht ist genau der Punkt der bei mir den Ausschlag gibt. Zwar habe ich weniger Probleme mich tief in die Welt hinein zu denken, allerdings habe ich keine Zeit mich tief in einen langen Plot hinein zu denken.

Gerade habe ich eine zehn Jahre dauernde Mage-Kampagne abgeschlossen. Wir hatten das Problem, dass die Spieler viele wichtige Infos vom Anfang der Kampagne nicht mehr wussten, bzw. diese auch nicht mehr sortieren konnten, wenn sie sich noch erinnert haben. Der Plot wuchs immer weiter.

Eine Planung einer Kampagne nach 1), macht eine Konsistenz und Logik im Plot notwendig (Bei einem in meinem Fall — Mage — an Komplexität wachsenden Plot). Dabei möchte ich aber trotzdem flexibel bleiben, um auf die Spieler zu reagieren. Dies macht es wieder schwierig, den Hintergrundplot nicht zu verändern. Durch Improvisation entstehen eventuell logische Brüche.

Bei einer langen Kampagne braucht man auch mal Abwechslung, sonst wird es langweilig. Dies wäre bei Episoden die nicht aufeinander aufbauen leichter umzusetzen.

Dies sind meine Schwierigkeiten mit Format 1 die micht über eine andere Form nachdenken lassen.

Für mich wäre interessant was eurer Meinung nach für Fortlaufende Serien wichtig ist. Worauf muss man als SL achten? (Dazu schreibe ich auch später noch was, jetzt muss ich aber schnell in die Uni.)
5.11.2010, 09:52
Elwin
Uih, dazu hatte ich 2009 oder 2008 mal eine Diskussionsrunde auf dem Ratcon geleitet. Mal gucken, ob ich es noch zusammenbringen kann — im Laufe des Wochenendes.
5.11.2010, 13:31
JensN
Bei langen Kampagnen, als Fortlaufende Serien, finde ich, sind z.B. unten genannte Punkte wichtig.

- ich unterscheide zwischen dem episodenhaften Abenteuerplot und dem fortlaufenden Kampagnenplot

An dieser Stelle möchte ich auf Format 3 von Serien eingehen. Dom spricht bezüglich Fortlaufenden Serien, Format 1, von zwei Erzählebenen. Dies stellt im Grunde schon Format 3 dar, wie ich es eingangs beschrieben habe, und bedeutet auch, dass sich Format 1 in Serien nicht in Reinform wiederfindet, sondern dann eher von Filmen die Rede sein muss, da Serien nahezu immer eine Episodenhandlung haben. Trotzdem möchte ich an meiner ersten Unterteilung für Serien festhalten. Ein Beispiel für Format 3, wie ich es abgrenze, wäre DS9. Hier sind die meisten einzelnen Episoden klar abgeschlossen und die Informationen welche zum fortlaufenden Plot beitragen sind klar zu erkennen, was nicht bei allen unter Format 1 genannten Serien klar auszumachen ist, damit sind Lost und Heroes gemeint (Boston Legal kenne ich nicht). Auch gibt es bei DS9 Episoden, die nicht mit dem fortlaufenden Plot zu tun haben. Daher beziehe ich meine Ideen zu folgenden Punkten aus einer Abstrahierung des 3. Formats und beziehe dies auf lange Rollenspielkampagnen (Def.: länger als ein Jahr Spieldauer, mit min. 1-2 Spielsitzungen pro Monat; bei steigender Dauer an Jahren auch weniger Sitzungen.)

- je nachdem wie stark sich die Spieler in den Plot vertiefen, sollte die Komplexität des Kampagnenplots nicht zu hoch aber auch nicht zu niedrig sein.

- die einzelnen Abenteuer können auf für den Kampagnenplot wichtige Dinge/Informationen hinarbeiten, es sollte aber an sich nicht notwendig sein sich an bestimmte Details aus den Abenteuerplots zu erinnern, um den Kampagnenplot zu lösen, auch wenn es hilfreich sein kann.

- diese für die ganze Kampagne wichtigen Informationen sollten für die Spieler klar erkennbar sein und man sollte sich gut an diese Dinge erinnern können (dies schließt nicht aus, dass diese Informationen zu Beginn der Kampagne geheim oder geheimnisvoll sind).

- aus den vorhergehenden Punkten folgt, dass Abenteuerplots gerne komplex und vielleicht sogar kompliziert sein dürfen, dies in der Regel aber nicht für den Kampagnenplot zutreffen kann.

- der Kampagnenplot ist gut gelungen, wenn die Spieler hinsichtlich der Versprechen, die der SL mit ersten Hinweisen zum Plot am Anfang der Kampagne gemacht hat, am Ende der Kampagne eine zufriedenstellende Genugtuung erleben.

- Besonders der Kampagnenplot sollte an den Flaggen der Charaktere ausgerichtet sein.

- wiederkehrende Orte, Freunde und Feinde sind verbindende Elemente des Kampagnenplots.

- für die Weiterentwicklung der Spielercharaktere soll der SL den Spielern Freiraum geben. Diese Entwicklung ist primär Spielersache und kann am Plot entlang geschehen oder auch für sich allein Spielzeit in anspruch nehmen, je nach Geschmack der Gruppe. Eine Fall in dem der SL mehr als anstoßgebend in die Charakterentwicklung involviert ist, ist wenn ein oder mehere SCs stark persönlich mit dem Kampagnenplot vertrickt sind, wobei der der SL den Plot gezielt um diese SCs aufbaut.

- Es macht meist Sinn, dass die einzelnen Abenteuer mit dem fortschreiten der Kampagne stärker dem Kampagnenplot zuarbeiten und Abenteuerplots die mit diesem nichts zu tun haben weniger werden.

Soweit erstmal meine Ideen dazu.
6.11.2010, 13:24
Dom

Zitat:

Dom spricht bezüglich Fortlaufenden Serien, Format 1, von zwei Erzählebenen. Dies stellt im Grunde schon Format 3 dar…
Nein, ich hab mich da vielleicht unklar ausgedrückt. Bei Heroes geht's z.B. auch um die Beziehung von Claire zu ihrem Vater (und um viele andere Beziehungen), nicht nur um die Superkräfte. So eine Beleuchtung ist nur in einer fortlaufenden Serie möglich, also Typ 1 und 3. Aber ich sehe in Heroes nicht Typ 3.
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