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21.1.2009, 21:28
E-Mail – WWW
Dom
Ein paar Überlegungen zum Marketing:

Wir müssen die Zielgruppe nochmals eingrenzen, denke ich. Da wir den Vertrieb über die „klassischen Kanäle“ aufgeben müssen, müssen wir überlegen, wen wir wie erreichen können.

Eine Möglichkeit hatte Boomslang ja schon vorgeschlagen: Wir versuchen verstärkt, die MMORPG-spielenden Nicht-P&P-Spieler zu erreichen. Der naheliegende Weg wäre, ein Spiel zu machen, welches die Elemente von WoW aufgreift und auf dem Brett weiterführt: Bunte Bilder, coole Moves, Monsterkloppen, wenig Story. Das macht D&D4 so, das machen offenbar auch die beiden neuen Spiele von Ulisses und Pegasus so — jedenfalls wenn man den Beschreibungen Glauben schenkt (und was spricht dagegen?).

Ich halte das aber für den falschen Weg (also die bunten Bildchen und das Kämpfen zum Selbstzweck, nicht die Online-Spieler) und wir haben ja auch bereits einen anderen Weg eingeschlagen. Denn in Sachen Grafik, Sound und flüssigem Monsterkloppen wird man mit einem Brettspiel niemals an einen Computer rankommen. Wir müssen etwas anderes bieten: Darstellung von Charakteren und interessante Geschichten. Das ist es doch, was RPG am Computer und RPG am Tisch fundamental unterscheidet! Klar muss ein Rollenspiel auch was fürs Auge haben und es darf auch gerne den einen oder anderen Kampf geben. Doch ich glaube nicht, dass man nur damit gegen MMORPGs ankommt.

Die Frage, die ich mir gerade stelle ist: Ist die Zielgruppe überhaupt sinnvoll gewählt? Unsere ursprüngliche Zielgruppe war 12 bis 16 Jahre alt, Jungs und Mädchen gemischt. Kann das überhaupt klappen? Ein Spiel, dass für Jungen und Mädchen in diesem Alter gleichermaßen funktioniert? Sind Mädchenspiele da für Jungs nicht per Definition doof und umgekehrt? Auf Änderungen der Zielgruppe (Alter, Geschlecht) müsste man auch vom Spiel her reagieren.

Wenn man sich auf die WoW-Leute einlässt, wird die Zielgruppe mit ziemlicher Sicherheit älter sein. Zudem sind die Online-RPGler bestimmt ziemlich männlich — ich vermute mal, dass die noch männlicher sind, als die Offline-RPGler. Aber sind die wirklich so ergiebig?

Wenn man sich die jüngere, ursprüngliche Zielgruppe anschaut und vielleicht sagt: Okay, wir konzentrieren uns auf ein Geschlecht. Das ist vielleicht cool, aber wie erreicht man die?

Eine weitere Idee ist es, Erwachsene zu erreichen, die keine Rollenspieler sind (noch nicht oder nicht mehr). Oder Eltern gemeinsam mit ihren Kindern (Stichwort: Quality Time). Von diesen Ideen halte ich persönlich aber nicht so viel.
24.1.2009, 08:23
E-Mail
Dom
Habe ich jetzt alle Leute verschreckt?
24.1.2009, 09:56
1of3
Ich sag mal so: Ich weiß wie man Regeln baut. Sagt mir, was ihr gebaut haben wollt, dann geht das los. Das hier ist mir zu Meta. ;o)
3.2.2009, 15:57
Dirk Remmecke
Das mit der „Quality Time“ hat schon bei Pokémon nicht funktioniert. Das Pokémon jr. Adventure Game war ein hervorragendes Einsteigerrollenspiel, das leider (wegen des Alters der Zielgruppe) auf spielleitende Eltern angewiesen war.
Nicht dass die Eltern SL-Erfahrung haben mussten — Stan! und Bill Slavicsek haben sich wirklich viele und gute Gedanken gemacht, wie sie den Eltern die Aufgabe erleichtern, allein, Eltern wollen mit ihren Kindern nicht spielen.

(Was nicht verhindert hat, dass Pokémon jr. das wahrscheinlich am häufigsten verkaufte Rollenspiel überhaupt geworden ist — die Kids haben es dann bloß als Quartett-artiges Hahnenkampfspiel mit Würfeln benutzt…)
5.2.2009, 17:22
Dirk Remmecke
Noch ein paar Gedanken zur Zielgruppe:

Ich denke nicht, dass man sich mit einem Projekt dieser Größenordnung auf eine demografisch definierte Zielgruppe festlegen muss. Das muss man machen, wenn man ein Projekt der Größenordnung Naruto oder Blue Dragon startet, und selbst da kann man (wie bei Blue Dragon) durchaus daneben liegen.

Wenn man die Zielgruppe vorher definiert, muss man ihr auch folgen; soll heißen: wenn man 14-jährige Jungs als Käufer haben will, muss man ihnen sowohl in der Themenwahl als auch Gestaltung bis hin zur Verkaufsschiene (die ganz besonders) entgegen kommen. Und dabei kann leicht ein Produktformat herauskommen, dass sich gravierend von dem unterscheidet, auf das alle hier Beteligten hin wirken.
Ganz zu schweigen davon, dass man selbst so ein Spiel vielleicht gar nicht selbst machen möchte — was sicherlich einer der Gründe ist, warum in der deutschen Rollenspielverlagslandschaft Einsteiger so stiefmütterlich behandelt wurden. Augenscheinlich wollte sich niemand mit einem Harry-Potter-artigen Thema befassen, als der Markt dafür am größten war, und ich selbst nehme mich da nicht aus.

Die Schachtel gibt ja schon einiges vor. Eine Schachtel macht man aus mehreren Gründen:
  • Man sucht die Nähe zum Brettspiel, weil man bei den Endkunden Assoziationen wecken möchte (Talisman/HeroQuest = erfahrene Veteranen oder Nostalgiker) oder weil man ihren Erwartungen entgegenkommen möchte (komplette Neulinge, „Spiele sind halt immer in Schachteln").
  • Man sucht die Nähe zum Brettspiel, weil der Vertriebsweg es erfordert. (Amigo hat Hardcovers in eine Box getan, um D&D3 in die Kaufhäuser/Spielwarengeschäfte zu bekommen.)
  • Man hat viel oder unförmiges Material, das man bündeln muss: Spielplan-Kacheln, Plastik- oder Zinnminiaturen, Würfel (andere als der Standard w6), usw. (Samaris)
  • Man möchte ein Sofort-Losspiel-Erlebnis bieten und packt deshalb auch theoretisch anderweitig darbietbare Materialien in ein Paket (viele Charakterbögen statt Kopiervorlage, haptisch interessante Handouts, Würfel in ausreichender Menge, Kulis].
  • Man hat selbst nostalgische Erinnerungen an das erste Rollenspiel, das in einer Schachtel daherkam und hält dies für ein Idealformat.

Wie viel davon ist noch relevant, wenn der Vertriebsweg nicht der traditionelle Handel, sondern das Internet ist?

Wenn die Wahl der Zielgruppe den Vertriebsweg bestimmt, könnte dieser auch über das Darreichungsform und mithin über den Umfang des Regeln bestimmen. Ich habe das gerade erfahren müssen, denn ich habe gerade ein Einstiger-Rollenspiel fertiggestellt. Es wird als Booklet in einer DVD liegen, und allein diese Formatbegrenzung hatte immensen Einfluss auf alle — didaktische wie inhaltliche — Aspekte des Spiels.

(Mehr später.)
6.2.2009, 20:31
E-Mail – WWW
Dom
&DDirk, du hast wahrscheinlich recht. Mit dem gesunkenen Umfang wird die Zielgruppe auch unwichtiger, und man kann eher das tun, was man möchte.

Zur Schachtel: Ich denke, die folgenden Punkte treffen zu:
  • Man sucht die Nähe zum Brettspiel, weil man bei den Endkunden Assoziationen wecken möchte (Talisman/HeroQuest = erfahrene Veteranen oder Nostalgiker) oder weil man ihren Erwartungen entgegenkommen möchte (komplette Neulinge, „Spiele sind halt immer in Schachteln").
  • Man möchte ein Sofort-Losspiel-Erlebnis bieten und packt deshalb auch theoretisch anderweitig darbietbare Materialien in ein Paket (viele Charakterbögen statt Kopiervorlage, haptisch interessante Handouts, Würfel in ausreichender Menge, Kulis].

Aus dem gewünschten sofort-Losspiel-Erlebnis folgt natürlich in gewisser Weise der Punkt „Man hat viel oder unförmiges Material, das man bündeln muss: Spielplan-Kacheln, Plastik- oder Zinnminiaturen, Würfel (andere als der Standard w6), usw.“

Ansonsten muss ich sagen: Wenn man nicht gerade Einsteiger ansprechen möchte, ist die Buchform in meinen Augen die Ideal-Form, Rollenspiele zu publizieren. Schachteln nerven ziemlich, gerade wenn nur Bücher drin sind (siehe z.B. Amigo-(A)D). Für Einsteiger sind andere Formen besser (z.B. Beilagen in Form von Booklets, Spiele als Schachteln, Regeln als PDF mit einem PC-Spiel, …) Denn die müssen erstmal drauf kommen, dass man so spielen kann.
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