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28.7.2007, 12:22
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Dom
Da ich jetzt gerade keine allzu spannenden Blog-Artikel kenne, schreibe ich mal was über die GroFaFo-Challenge. Ich selber bin ja in der Organisation und nicht in der Jury — daher kann ich mich ja gefahrlos äußern ;)

Es ist ja schon einige Zeit her, dass sich die Jury dazu durchgerungen hat, die drei besten Spiele zu nominieren. Jetzt fehlt „nur noch“, dass die Reihenfolge unter diesen dreien festgelegt wird. Dazu sollen sie die drei Besten testen und dann drüber diskutieren, welches der Spiele wohl am besten ist. Ich werde hier heute Abend und morgen mal ein paar Worte über die drei Spiele verlieren und meinen persönlichen Eindruck wiedergeben.

Die drei besten Spiele sind (in Reihenfolge des Eingangs):
1. Gnome: Die Ausraubung (Tobias D.)
2. JENSEITS (Vale waan Takis)
3. Candyman (Mandragoel)

Die Spiele sollen nach den Kriterien Spielkonzept, Ausgereiftheit, Präsentation und Umsetzung der Vorgaben geprüft und beurteilt werden (für eine genaue Definition: Punkt 5 der Regeln. Außerdem stehen natürlich Testspiele an.

Spielkonzept

So, beginnen möchte ich mit dem Vergleich des Spielkonzeptes.

In Gnome: Die Ausraubung gehts um Gnome, die einen Einbruch machen wollen. In einem Zwischending aus Erzähl- und Brettspiel müssen die Spieler versuchen, möglichst viele Schätze abzuräumen. Dabei entsteht das Spielbrett, auf dem sich die Gnome bewegen, durch die Erzählung der Spieler. Das ist cool, die Beschreibung hat Auswirkungen auf den Spielplan und das Spiel, so dass es zwar sehr taktisch und brettspielig rüberkommt, man das Erzählelement aber keinesfalls weglassen kann. Negativ fällt auf, das der Spielleiter nicht wirklich was zu tun hat. Er spielt zwar die Opposition, hat aber kaum freie Handlungsmöglichkeiten und könnte fast durch einen Computer ersetzt werden. Besser wäre es gewegen, den SL ganz wegzulassen.

Dagegen ist das Spielziel in Jenseits ziemlich unklar. Auch bei DSA könnte man sagen: Ja, was ist denn das Ziel? Dort jedoch heißen die Charaktere „Helden“ und es geht klarerweise darum, Abenteuer zu bestehen. Jenseits ist da viel freier: Ob man ein nachdenkliches Spiel über den Sinn des Lebens, Intrigen a la WoD oder Splatter-Horror spielt, ist den Spielern überlassen und wird durch die (recht komplizierten) Konfliktregeln nicht sonderlich gefördert oder behindert. Der Hintergrund ist sehr schön beschrieben, die Charakterwerte passen zur Stimmung. Insgesamt würde ich sagen: Im Vergleich mit der Konkurrenz relativ klassisch ohne erkennbare Core-Story.

Das Setting und die Idee von Candyman ist wirklich nett: Süßigkeitenverkäufer müssen ihre Waren an den Mann, die Frau oder das Kind bringen. Es reißt mich jetzt nicht vom Hocker oder schreckt mich ab, es fesselt mich wahrscheinlich auch nicht viele Spielabende lang. Trotzdem ist es nett und ich würde es gerne mal spielen. Insbesondere auch, weil die Regeln innovativ daher kommen: Es gibt keine Charakterwerte, alles wird erzählerisch gelöst bzw. durch Bieten von Bonbons. Und da kommt auch schon ein Problem: Die Erzählung und die Mechanik sind an praktisch keiner Stelle miteinander verbunden. Egal, was die Spieler machen, es wird immer der Erzählstein gesucht und gefunden oder auch nicht. Das ist wirklich ein großes Manko des Konzeptes.

Fazit: Wirklich vollends überzeugen kann mich keines der drei Konzepte. Gnome ist als Brettspiel mit Rollenspiel-Elementen sicherlich cool, Jenseits ist am ehesten ein „echtes Rollenspiel“ und bei Candyman steht der Erzählspaß im Vordergrund. Umgekehrt stört an Gnome der langweilige Spielleiter, bei Jenseits weiß ich nicht so recht, was man überhaupt spielen kann und bei Candyman haben Erzählung und Regeln nichts miteinander zu tun, außerdem erwarte ich bei dem Setting keinen Langzeitspielspaß.
Als Reihenfolge für diesen Punkt schlage ich daher vor: Verlierer ist Candyman, dann Gnome und Jenseits gleich auf.

Ausgereiftheit

Jenseits erscheint mir recht gut durchdacht, allerdings hat der Autor wahrscheinlich nicht geschafft, dem Leser alles nötige mitzuteilen. So ist die Rolle des Spielleiters unklar und auch etwas rätselhaft, wer wann sagt, welcher Konflikt vorliegt. Die Konfliktregeln erscheinen mir hakelig und wenig eingängig, das kann aber auch an meiner Blödheit liegen. Innerhin kann man damit alle Arten von Konflikten auf dieselbe Art und Weise abhandln, was ja schonmal gut ist.

Bei Candyman dagegen sehe ich keine größeren Probleme. Die Regeln sind gut überschaubar aber dafür leider fast reiner Zufall. Wenn man das Spiel ohne die Erzählung spielt (die man ja nicht wirklich braucht), dann kommt ein langweiliges Glücksspiel „Rate mal, in welcher Hand ist es?“ dabei rum.

Auch die Gnome sind mMn mit guten Regeln bedacht worden. Einzig das Balancing der Karten wird wohl viele Stunden Testspielzeit in Anspruch nehmen. Auch das Verdacht-O-Meter müsste ausführlich getestet und ggf. angepasst werden.

Fazit: Insgesamt würde ich sagen, Gnome hat das ausgereifteste Konzept, wenn auch eine Menge Feinarbeit nötig ist. Zumal sollte der SL entweder wichtiger werden sollte oder gleich abgeschafft werden sollte. Candyman erscheint mir im Gegensatz zu Jenseits ausgereifter, auch wenn es wohl kaum Langzeit-Motivation geben wird. Also ist im Punkt „Ausgereiftheit“ meine persönlche Reihenfolge: Gnome, Candyman, Jenseits.

Präsentation

Mit Präsentation ist ja hier nicht Aussehen, Layout und grafische Aufmachung, sondern die Präsentation des Spiels innerhalb des Textes gemeint. Klar, Candyman und Jenseits haben, weil sie sich hübsch präsentieren, erstmal einen kleinen Bonus. Die Layouts sind sehr stimmungsvoll und schön gemacht — allerdings lässt sich Jenseits gerade in den Beispielen recht schwierig lesen.

Geht man vom reinen Text aus, so werden alle drei Spiele gut präsentiert. Man erkennt eigentlich immer problemlos, worum es gerade geht und die Dinge werden durch Beispiele illustriert. Dabei sticht Candyman allerdings noch ein bisschen hervor: Das Spiel ist klarer strukturiert und deutlicher beschrieben als Jenseits, das durch seine relative Kompliziertheit auch nicht wirklich einfach zu erklären ist. Andererseits ist esnicht so technisch geschrieben wie Gnome und hat unterhaltsamere (und auch wesentlich mehr) Beispiele.

Fazit: Hier gewinnt klar Candyman. Da ist alles richtig. An zweiter Stelle folgen dann Gnome und Jenseits: Beide Spiele werden gut präsentiert, bekommen aber von mir ein paar kleinere Minuspunkte.

Umsetzung der Vorgaben

Die Umsetzung der Vorgaben ist für den Wettbewerb natürlich wichtig, für mich persönlich in der Frage „Will ich das spielen?“ total egal. Also ist dieser Punkt in meiner persönlichen Bewertung mit Abstand am unwichtigsten. Trotzdem kann man sich ja mal anschauen, wie die Stichwörter Regen, Trauer, Geld und Diskussion umgesetzt sind. Zwei davon sollten ja möglichst zentral eingebracht werden, wobei mehr Wörter auch nicht schlechter sind. Allerdings sind zwei zentral eingebrachte Wörter besser als vier halbherzig erwähnte.

Candyman benutzt die Wörter Geld und Regen. Geld ist wirklich zentral eingebaut: Es geht um das Verkaufen von Süßigkeiten, zudem werden Bonbons auch als Währung innerhalb des Spieles eingesetzt. Der große Herbstregen beendet das Spiel — von daher wird das Wort wahrscheinlich während des Spieles öfter in den Mund genommen, jedoch ist es lämgst nicht so zentral. Man könnte den Regen auch durch das Saisonende, den Herbst oder sonstwas ersetzen, ohne etwas am Spielgefühl zu ändern.

Im Spiel Gnome: Die Ausraubung werden Geld und Diskussion verwendet. Auch hier ist Geld zentral: Es geht um Einbrüche, das Klauen von Geld und Wertgegenständen. Eine Diskussion unter den Spielern wird als zentrales Spielelement benutzt und ich kann mir auch lebhaft ein paar Gnome vorstellen, die vor dem Tresor stehen und darüber diskutieren, ob sie ihn nun aufschweißen sollen oder ob das zu laut ist. Keines der beiden Wörter kann einfach so weggelassen oder durch ein anderes ersetzt werden, ohne das Spiel zu ändern.

Regen und Trauer sind die beiden Wörter, die in Jenseits untergebracht wurden. Trauer ist zentrales Spielelement und auch Gegenstand des Spieles. Ohne Trauer wäre Jenseits nicht jenseits, das Thema, das Spiel, alles hängt davon ab. Auch der Regen spielt eine große Rolle: Wenn der Seelenkörper zerbricht, kommt es entweder zu Regen (wenn die Trauer überwiegt) oder Feuer (wenn die Wut überwiegt). Durch die Engel ist der Regen wahrscheinlich auch Thema im Spiel, so dass Regen auf jeden Fall zentraler eingebunden ist als bei Candyman. Jedoch könnte man auch hier den Regen-Effekt durch etwas anderes, etwa einen Windhauch, ein Jammern o.ä. ersetzen, ohne dass sich was ändert.

Fazit: Gnome setzt die Sichwörter am besten um, danach folgt Jenseits und am Ende Candyman, was nur ein Stichwort wirklich benutzt.

Gewinner und Verlierer

Die vier Kriterien sind in der Reihenfolge angegeben, in der ich persönlich auch die Prioritäten sehe.

Gehen wir von oben nach unten durch, dann fällt Candyman gleich im ersten Punkt etwas hinter den anderen ab. Auch in Sachen Ausgereiftheit ist Candyman nicht der Gewinner, so dass ich deswegen sagen kann: Das Spiel kann eigentlich nicht der Sieger der Challenge sein. Es wird zwar perfekt präsentiert, aber was da präsentiert wird, weist doch einige Lücken in der Konzeption auf. Zuletzt wird nur eines der beiden Stichwörter halbwegs zentral umgesetzt.

Vom Konzept her schneiden Gnome und Jenseits gleich auf, in Sachen Ausgereiftheit, Präsentation und Umsetzung der Vorgaben gewinnen hier aber die kleinen Einbrecher. Deswegen steht für mich der Gewinner fest: Gnome: Die Ausraubung.

Ob jetzt Candyman oder Jenseits an zweiter Stelle folgt, möchte ich hier gar nicht so wirklich entscheiden. Beide Spiele scheinen mir brauchbar, beide Spiele haben aber auch Lücken. Während Candyman ein Glücksspiel ist, bei dem man zwischendurch auch noch erzählen darf ist mir bei Jenseits nicht klar, was man überhaupt spielen soll. Zudem erscheint mir Candyman ausgereifter als Jenseits zu sein.

Ich glaube, für ein seltenes Spiel zwischendurch ist Candyman wirklich gut geeignet. Jenseits dagegen kann für Leute, die mit der Thematik mehr anfangen können als ich, auch zu einem langen Spielspaß führen. Gnome: Die Ausraubung aber hat das Zeug zu einem Spiel, das für viele Spielabende unterhaltsam ist. Allein das Abstimmen der einzelnen Karten benötigt sicherlich noch viele, viele Stunden Entwicklungszeit. Und: Der Spielleiter muss weg ;)
zuletzt geändert: 29.7.2007, 07:48
29.7.2007, 07:47
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Dom
so, fertig :)
29.7.2007, 11:54
rillenmanni
Gnome scheint echt fein. Ich muß dabei an karlis Roman „Die Kobolde“ denken: Die Viecher drehen krumme Dinger und reden/bringen sich dabei stets beinahe um Kopf und Kragen.

Hier und da könnte noch gefeilt werden, und tatsächlich handelt es sich im wesentlichen um ein Brettspiel. Insofern ist der „Spielleiter“ (hier als bloßer Gegner der Spieler) tatsächlich fehl am Platz, dessen paar Spielmöglichkeiten müßten in die Aktionen (Karten etc) der Spieler einfließen. Oder aber man baut die Rolle des Spielleiters noch aus.

Ein Brettspiel mit Rollenspielelementen. Dazu fällt mir „When Darkness Comes“ ein (von den Leuten, die auch „Zombies!!!“ kreiert haben, allerdings mit einer komplett anderen und komplizierteren Spielmechanik). Dazu fällt mir aber auch ein, daß die Gnome mE ein guter Anwärter auf professionelle Veröffentlichung durch TRUANT ("Kill Doctor Lucky!") und andere wären. Die Gnome können mE echt langanhaltenden Spaß bereiten, der Rollenspielanteil ist noch allgemeinverständlich genug, um auch von Hobbyfernen gespielt werden zu können.
zuletzt geändert: 29.7.2007, 11:55
29.7.2007, 20:26
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Dom
Wie wichtig sind denn die RPG-Elemente bei „When Darkness Comes“? Bei Gnome kommt man ja nicht drumrum, da die Beschreibung ja beeinflusst, wie das Spielbrett aussieht.
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