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25.6.2007, 21:09
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Dom
Ich wollte ja auf der RatCon wahrscheinlich was über Resolution erzählen. Damit ihr nicht alle kommen müsst, um ehrfurchtsvoll meinen goldenen Worten zu lauschen (und vor allem, damit ich überhaupt was vernünftiges erzähle), möchte ich das Thema hier schonmal diskutieren. Falls jetzt hier totaler Quatsch rauskommen sollte oder alle schreien „Laanweilig, bleib mir fort mit dem Mist“, dann werde ich wohl doch keinen Workshop dazu machen.

Unter dem Thema [Blogs aktuell] lasse ich das im übrigen deswegen laufen, weil a) gerade im relevanten Teil der Blogosphäre verdammt wenig los ist (auch in der englischsprachigen) und b) weil Stefan „1of3“ Koch vor nicht allzu langer Zeit da was zu geschrieben hat.

Resolution? Tut das weh?

Das ganze klingt furchtbar theoretisch — und ist es im gewissen Sinne auch. Ich sag erstmal ganz allgemein was dazu: Resolution ist der Vorgang im Rollenspiel, bei dem der gemeinsame Vorstellungsraum verändert wird. Also ist das ganze Rollenspiel Resolution? Nein, aber Resolution ist ein großer Teil davon.

Die Idee hinter dem Wort Resolution ist, dass alle Spieler gemeinsam über den Inhalt des gemeinsamen Vorstellungsraumes verhandeln (sonst würden sie ja einer Geschichte lauschen). Und um die bei der Verhandlung entstehenden Konflikte aufzulösen, bedarf es einiger Regeln. Einige davon merkt man während des Spiels nicht, sondern sind „einfach da“: Beispielsweise darf üblicherweise der Spieler eines Charakters entscheiden, was dieser tut und der Spielleiter beschreibt die Welt und die NSCs. Über solche Kompetenz-Fragen will ich hier aber nicht reden.

Betrachten wir als Beispiel mal drei Gebiete, die traditionell nicht über Kompetenzen geregelt sind:
- Fertigkeiten
- Kampf
- Magie

Wie wäre es, wenn die über Kompetenzen geregelt wären? Dann gäbe es jemanden, der sagt: Ok, du hast den Kampf gewonnen. Oder der Spieler des Magier müsste selber entscheiden, ob sein Charakter noch genug Kraft hat, um die Brücke zum Einsturz zu bringen. Meist sind diese Dinge jedoch durch mehr oder weniger komplizierte Abläufe genau geregelt und meistens entscheidet der Spielleiter, wann auf welche Resolution zurückgegriffen wird.

Traditionelle Unterscheidung: Task Resolution vs. Conflict Resolution

Das Thema möchte ich hier ganz schnell beenden und gar nicht mehr hochkommen lassen. Grund: die beiden Begriffe sind so kaputt, dass man nicht drüber reden kann (ich hab sie früher auch verwendet; da war die Situation aber noch etwas klarer. Außerdem sehe ich das Ganze heute etwas weniger naiv.). TR bedeutet so viel wie „klassische Auflösung“, CR sowas wie „tolle Idee von der Forge“. Alle klar? Nö? Gut. Also weiter.

Bestandsaufnahme

Nehmen wir ein klassisches Rollenspiel, dort den Bereich Fertigkeiten und schauen auf folgende Situation im gemeinsamen Vorstellungsraum: Ein Charakter verfolgt zu Fuß einen Verbrecher, der gerade über eine zwei Meter hohe Mauer geklettert ist und nun droht zu entschwinden. Der Spieler sagt daraufhin sowas wie „Ich klettere über die Mauer“ und schaut den Spielleiter etwartungsvoll an. Dieser legt dann im Normalfall eine Probe fest und wenn diese gelingt, dann kommt der Charakter über die Mauer. Bei der Festlegung des Schwierigkeitsgrades gibt es oft Regeln oder Richtlinien im Regelbuch, dazu kommt noch der Einfluss der Dramaturgie.

Und was passiert, wenn der Charakter die Mauer überwindet? Dann liegt es am SL, ob die Verfolgung weiter geht oder nicht. Denn wenn der SL entscheidet, der Verbrecher hat sich in den unbemerkten Sekunden unsichtbar gemacht hat, ist besonders flink durch eine Seitengasse entschlüpft o.ä. kann er die Verfolgung trotz einer gelungenen Klettern-Probe beenden.

Umgekehrt muss aber eine misslungene Probe nicht unbedingt die Verfolgungsjagd beenden: Der Charakter schafft es nicht auf Anhieb über die Mauer. Er verliert Zeit, evtl. erlaubt der SL einen zweiten Wurf, der dann nochmal vergeigt werden kann. Dann kann der Spieler später auf der anderen Mauerseite immer noch Spuren finden und die Verfolgung wieder aufnehmen.

Was steht also bei der Probe auf dem Spiel? Es steht auf dem Spiel, ob der Charakter über die Mauer kommt. Es steht nicht auf dem Spiel, ob der Charakter den Verbrecher weiter verfolgen kann oder nicht.

Stellschrauben

Ich habe vor längerer Zeit mal mit Dr.Boomslang ausführlich drüber diskutiert; darüberhinaus möchte ich die Ideen von 1of3 hier verbraten. Ich sehe derzeit im wesentlichen folgenden Gegensatz:

spielsituationsunabhängiger Konfliktauflösung (SUKA) vs. spielsituationsabhängiger Konfliktaufösung (SAKA)

Zu SUKA: Hier geht es darum, einen fest definierten Konflikt aufzulösen, im Beispiel war es „Klettern“. Das Klettern ist ein unabhängig von der Spielsituation definierter Konflikt; der Autor des Rollenspiels hatte beim Schreiben keine Ahnung von der konkreten Situation. Trotzdem hat er eventuell Schwierigkeiten o.ä. festgelegt und damit in gewisser Art und Weise ein Physik der Spielwelt definiert: 1of3 nennt das Items, die festgelegt sind und auf vorher feststehende Weise manipuliert werden können.

Die Auflösung eines Konfliktes, der kein vordefinierter Konflikt ist, wird normalerweise in die Hand des SLs gelegt (wie auch am obigen Beispiel zu sehen). Wobei natürlich ein „guter SL“ (TM) die Dinge nicht allzusehr gegen die Erwartungen der Spieler bestimmt und immer ein Auge auf die Dramatik hat. Dabei kann auch (wie 1of3 vorschlägt) eine Folge von vordefinierten Konflikten festgelegt werden, die zur Auflösung eines nicht vordefinierten Konfliktes führen (muss aber nicht so sein, kann der SL meist auch spontan entscheiden).

Darüberhinaus ist bei SUKA fürs Spiel hilfreich, wenn die Konfliktauflösung einem leicht nachvollziehbarem Schema folgt, damit nicht vorgesehen Konflikte leicht improvisiert werden können. (Beispiel: Um eine Klöppeln-Probe abzulegen kann man stattdessen je nach Spielsystem meist eine Probe auf Geschicklichkeit o.ä. verlangen).

Hier ist bei vielen Spielen negativ anzumerken, dass diese Dinge meist nicht explizit geregelt sind (außer einer pauschalen Aussagen wie: „Der Meister hat immer Recht"). Ich denke, dass viele Probleme in Rollenspielrunden kleiner wären, wenn solche Regeln irgendwo explizit festgelegt wären.

Zu SAKA: Hier wird abhängig von der Spielsituation entschieden, was genau auf dem Spiel steht. Es kann sein, dass die Regeln beispielsweise den SL oder einen anderen Spieler dazu ermächtigen, diese Stakes zu definieren, es kann aber auch sein, dass darüber offen verhandelt werden muss. Wichtig ist, dass hier abhängig von der Spielsituation entschieden wird.

Dabei kann es zu keinem Konflikt kommen, der nicht vorgesehen ist (weil es eben keine fest vorgesehenen Konflikte gibt). Nachteil dieser Variante ist, dass die Regeln abstrakter sein müssen: Der Spielautor kann keine Physik-Engine etablieren und muss sich mehr Gedanken darüber machen, was er mit der Konfliktauflösung erreichen will. (Beispielsweise geht es bei Dogs in the Vineyard um die Frage: „Wie weit willst du gehen, um deine Ziele durchzusetzen?“ Darauf ist auch die gesamte Konfliktauflösung abgestimmt). Das hat zur Folge, dass die Regeln von manche Spieler für weniger nachvollziehbar sind: Auf einmal wird nicht mehr, wie gewohnt, irgendwas „handfestes“ geprobt, sondern es können auch weiche Dinge, wie das Ansehen bei Hof auf dem Spiel stehen, für das es „normalerweise“ gar keine Spielwerte gibt.

Und was habe ich als Spieler eines klassischen Systems davon?

Du kannst dich mit deiner Gruppe darauf einigen, die SUKA in deinem Spielsystem als SAKA zu missbrauchen. Die Idee dabei ist, die oben angesprochene Folge von vordefinierten Konflikten zu benutzen, um einen nicht vordefinierten Konflikt zu lösen.

Beispielsweise könnte man explizit sagen: Gelingt die Klettern-Probe, so kann der Charakter dem Verbrecher weiter folgen; misslingt die Klettern-Probe, so kommt der Charakter nicht hinterher. Das klingt langweilig und irgendwie macht es doch eh jeder so, oder? Weil man ja einen guten SL hat ;)

Anderes Beispiel: Für den weiteren Verlauf der Story ist wichtig, dass der Charakter die Verfolgung aufrecht erhält. Dann macht man eben den Stake: Gelingt dem Charakter die Verfolgung unbeschadet oder misslingt die Klettern-Probe und der Charakter bekommt W6 Punkte Schaden wegen Abschürfungen und kommt trotzdem hinterher.

EDIT: Wichtig ist, sich über den Unterschied im klaren zu sein. Im Falle von SUKA geht es immer darum, ob das Klettern gelingt oder nicht. Über den Zusammenhang mit der konkreten Spielsituation wird keine Aussage gemacht. Zwar gibt es im Normalfall ein paar Gestaltungsmöglichkeiten für den Spielleiter, aber das, was auf dem Spiel steht, ist nicht an die Situation angepasst. Im Falle von SAKA ist das, was auf dem Spiel steht, immer von der Spielsituation abhängig. „Gute“ Stakes sind solche, die das Spiel voran bringen, egal ob die Probe gelingt oder misslingt. Voran bringen heißt nicht, dass es in beiden Fällen für den Charakter gut ausgehen muss. Voran bringen heißt nur, dass die Geschichte weiter gehen kann.

Besonders gut kommt es meistens, wenn ein misslungener Konflikt einen weiteren interessanten Konflikt nach sich zieht und die Sache dadurch evtl. noch spannender macht: Weil das mit der Kletterei misslungen ist (und der Charakter abgerutscht ist und sich dabei den Arm blutig geschürft hat), hat der der Zuckerzeug-Verkäufer genügend Zeit, mit seinem Wagen gemächlich in dieselbe enge Gasse wie der Verbrecher einzubiegen und der Charakter muss versuchen, irgendwie daran vorbei zu kommen.

Wenn man die klassische Struktur nicht durchbrechen möchte, entscheidet einfach der SL darüber, was genau auf dem Spiel steht. Will man dagegen mehr Macht an die Spieler geben, so können die Stakes auch frei ausgehandelt werden. Eine mögliche Regel ist „Say yes or roll the dice“, d.h. der Spieler sagt an, was er will und als SL hat man dann nur die Möglichkeit zu sagen: Ok, das gelingt so, wie du dir das vorstellst, oder wir stellen genau das auf die Probe und du musst würfeln.

Damit ist es nun möglich, jegliche Absicht, die ein Spieler verfolgt, abzubilden: Es werden nicht unbedingt mehr nur die Handlungen, die ein Charakter aufgrund der Regeln hat, geprüft, sondern auch Ziele, die durch die Regeln nicht erfasst werden.

Wer sollte SAKA und wer SUKA verwenden?

EDIT: Ich sehe SAKA klar im Vorteil ggü. SUKA, wenn es um das Erleben von Geschichten geht, denn das, was geprüft wird, ist auf die Spielsituation zugeschnitten. SUKA dagegen ist für beispielsweise für ARS geeignet, denn wegen der relativ geringen Anzahl vordefinierter Konflikte können Charaktere strategisch angelegt und gesteigert werden und in Spielsituationen kann taktisch agiert werden.

Damit möchte ich jetzt nicht sagen, dass Taktik und Strategie in einem SAKA-Spiel nicht möglich sind oder in einem SUKA-Spiel keine Geschichten erzählt werden können. Der Schwerpunkt jedoch ist entsprechend verschoben.

Fazit

Durch eine Uminterpretation können „normale“ SUKA-Regeln dazu verwendet werden, SAKA zu betreiben. Damit kann man die normalerweise relativ eingeschränkten Regeln auf beliebige Konflikte explizit erweitern und verliert dennoch nicht das Gefühl, dass die Regeln konkret sind und eine Physik vermitteln. Dabei kann man meist auch Stakes finden, mit denen die gerade gespielte Story nicht „gegen die Wand gefahren“ wird, was gerade für geschichtenerzählende Rollenspielrunden von Vorteil sein kann.
zuletzt geändert: 26.6.2007, 09:27
26.6.2007, 13:14
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Dom
Vielleicht als Ergänzung noch ein paar Dinge, die aus einem ICQ-Chat rausge'Purzel't sind:

— Der alte Begriff „Conflict Resolution“ hat diverses zusammengefasst: 1. Der Konfliktgegenstand wird von der konkreten Spielsituation abhängig gemacht, 2. es wird offen verhandelt und 3. die Stakes werden explizit genannt. Dabei sind das drei voneinander unabhängige Dinge. Das habe ich erst relativ spät erkannt und auch schonmal auf dem Wolkenturm angesprochen.

— Ergänzung dazu: In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt http://www.evilhat.com/lab/clarity-of-intent.pdf

— Aus meiner Sicht wäre folgendes sinnvoll: Storyorientierte Spielrunden benutzen SAKA. ARS-Spielrunden benutzen SUKA. Thematisch orientierte Spiele haben meist geeignete Mechanismen, die im Normalfall auf expliziten, frei verhandelten situationsabhängigen Stakes basieren. Hier steht vor allem das Explizite und die freie Verhandlung im Vordergrund, da ja jeder Spieler die Gelegenheit haben soll, sich zu dem Thema zu äußern. Ich kann mir in diesem Zusammenhang sogar SUKA vorstellen (aber eben offen und frei verhandelt).

— SAKA für klassisches Rollenspiel: Es bedarf einiges an Fingerspitzengefühl, um die Stakes „gut“ zu wählen. Beispielsweise wäre ein Stake: „Entweder, du schaffst die Mauer zu überklettern oder du kommst nicht rüber, in jedem Fall ist aber der Verbrecher entkommen“ ein blöder Stake. Denn die Probe entscheidet dann nur noch über Nebensächlichkeiten. Besser wäre es, dem Spieler bei gelungener Probe sowas wie „Der Typ springt in ein Auto und entkommt, jedoch kannst du dir das Nummernschild merken“ zu sagen.

— Beispiele für meiner Meinung nach gute SAKA-Anwendungen:
1. Der Trefferwurf eines Pfeilschusses entscheidet darüber, ob eine Wache abgelenkt wird (und nicht, ob sie getroffen wird)
2. Der Betören-Wurf entscheidet darüber, ob der Charakter einen Rivalen ärgert (und nicht, ob der Charakter tatsächlich bei der Prinzessin landet)
3. Die Klettern-Probe entscheidet nur darüber, wie viel Schaden der Charakter beim Erklettern der Wand bekommt und wie lange es dauert (und nicht, ob der Charakter tatsächlich rüber kommt)
4. Die Suchen-Probe entscheidet darüber, ob die Wache in der Zwischenzeit vorbeikommt und den Charakter in Schwierigkeiten bringt (und nicht, ob der Charakter die wichtigen Schriftstücke findet)
5. Die Safe-Knacken-Probe entscheidet darüber, ob der Charakter den Alarm auslöst (und nicht, ob er den Safe aufbekommt)
6. Die Springen-Probe entscheidet darüber, ob der Charakter an einer besonders waghalsigen Stelle den Sprung über den Bach schafft und damit die Verfolger abhängen kann (und nicht, ob der Charakter abstürzt)

Dom
zuletzt geändert: 26.6.2007, 13:18
27.6.2007, 14:27
Georgios
Hmm…

Ich kann verstehen, dass du von Conflict Resolution und Task Resolution Abstand nehmen willst. Allerdings wäre es auf einem Workshop denke ich besser von vornherein zu sagen, dass du ein ähnliches Feld mit deinem Thema abdecken wirst, statt einfach nur CR und TR trotzig zu ignorieren. So habe ich mich zu Beginn noch gefragt, weshalb du so explizit einen Bogen darum machst, wenn du eigentlich doch über das gleiche sprichst. Erst gegen Ende wurden die Unterschiede deutlich.

Die Zuordnung von SAKA und SUKA zu bestimmten Spielstilen, halte ich für schwierig. In der Praxis ist es meistens so, dass Spieler an den (Regel-)Techniken oft ihren eigenen Spielstil festmachen. Das jetzt umzudrehen und den Spielstil als formgebend für die angemessenere (Regel-)Technik zu machen, rollt das Ganze für meine Verständnisse von hinten auf. Dann lieber Spielstile ganz auslassen und lediglich über die konkreten Auswirkungen auf den Spielverlauf eingehen und diese vielleicht etwas stärker illustrieren.
27.6.2007, 14:53
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Dom
Äh, ja, in einem Workshop müsste ich mir eh eine vernünftige Struktur überlegen und nicht einfach so drauflos brabbeln ;) Aber guter Hinweis.

Die Zuordnung von SAKA/SUKA zu den Techniken habe ich gemacht, weil mich die Leute fragen: Taugt das für meine Spielrunde was? Warum sollte ich darüber nachdenken?

Und wenn eine Gruppe Spaß an einem bestimmten Spielstil hat, dann denke ich schon, dass man dann auch Tipps geben kann, welche Techniken vielleicht gut passen. Ich sehe halt die typische DSA-Runde vor meinem inneren Auge, in der der SL verdeckt würfelt, damit die Story nicht vor die Wand gefahren wird. Und denen kann man dann sagen: Hey, mach doch mal SAKA statt stur an der SUKA festzuhalten, die eigentlich euren Spielstil nicht unbedingt unterstützt.
27.6.2007, 18:23
Hesindrigon

Zitat von Georgios:

Die Zuordnung von SAKA und SUKA zu bestimmten Spielstilen, halte ich für schwierig. In der Praxis ist es meistens so, dass Spieler an den (Regel-)Techniken oft ihren eigenen Spielstil festmachen. Das jetzt umzudrehen und den Spielstil als formgebend für die angemessenere (Regel-)Technik zu machen, rollt das Ganze für meine Verständnisse von hinten auf.
Also dass sehe ich nicht ganz so, denn ich habe schon öfters erlebt, dass jemand gerne seinen Spielstil ändern würde und diesbezüglich auch klare Vorstellungen hat und Tipps sucht, die ihm helfen diesen Spielstil auch regeltechnsich umzusetzen. Die große Anzahl an „Hausregeln“ und ihre lebhaften Diskussionen scheinen mir schon fast sowas wie ein „empirischer Beweis“ hierfür.
Sich deshalb bewusst zu machen, welche Art von Regeln welche Art von Spilstil behindern oder fördern, finde ich deshalb sehr hilfreich!

Ich in Doms Text 2 verschiedene, mögliche Anwendungsmöglichkeiten von SAKA gegenüber SUKA:

Zitat von Dom:

Damit kann man die normalerweise relativ eingeschränkten Regeln auf beliebige Konflikte explizit erweitern und verliert dennoch nicht das Gefühl, dass die Regeln konkret sind und eine Physik vermitteln.
1.) Demnach ist SAKA eine sinnvolle Alternative für SUKA in Situationen wo die „Physik-Engine“ der SUKA-Regeln „Lücken“ hat.

Zitat von Dom:

Dabei kann man meist auch Stakes finden, mit denen die gerade gespielte Story nicht „gegen die Wand gefahren” wird, was gerade für geschichtenerzählende Rollenspielrunden von Vorteil sein kann.
2.) Das wäre der „klassische“ Vorteil von SAKA gegenüber SUKA wofür Dom auch schöne Beispiele gegeben hat.

Zum Punkt, dass die Story „gegen an die Wand gefahren“ wird…
Ich denke, dass hier SAKA vs SUKA nicht allein vom Spilstil „bestimmt“ wird, sondern insbesondere durch den Stil des Abenteuers. Viele DSA-Abentuer sind hierfür klassische Beispiele, weil sie an bestimmten Punkten im Plott eine bestimmte und erfolgreiche Situation erfordern, bei deren Misslingen die Story tatsächlich gegen die Wand fährt. Hier wäre SAKA mit entsprechenden Stakes sicherlich gegenüber von SUKA (die bei eigentlichem Misslingen dann per „Illusionismus“ vom Meister „umgemogelt“ werden muss) von Vorteil.

Abenteuer mit mehr Freiheit können aber durchaus ohne SAKA auskommen, weil der SL gekonnte Alternativen im Petto hat oder improvisiert, die ein eventuelles Scheitern der SCs in die Story einbauen, ohne sie gegen die Wand zu fahren.

Das wäre meines Erachtens nach zu empfehlen für Leute, die einen guten Kompromiss suchen dazwischen, dass sich…
a) die Welt „echt“ anfühlt und sie die Konsequenzen ihrer Handlungen zu spüren bekommen. Die (wie ich) auch mal um das Leben ihres SCs zittern wollen, wenn der SC sich (der „Physik-Engine“ der Spiel-Regel-Welt gemäß) in „echte“ Gefahr begibt; und…
b) dabei trotzdem ein „gute Story“ rauskommt (ist nicht kürzer formuliert, weil weniger wichtig, sondern weil — hoffentlich — auch mit wenigen Worten schon klar).

In diesem Fall sehe ich den Vorteil von SAKA vor allem in Situationen, in denen
a) die Physik-Engine der Regeln eben Lücken aufweist, oder
b) der SL keine Alternative in der Story parat hat.

Ich sehe in diesem Fall den Vorteil von SAKA gegenüber SUKA aber nicht generell bereits dann, wenn man einen Story-Orientierten Spielstil verfolgt.

Mit den besten Grüßen,
Hesindrigon
27.6.2007, 18:51
Georgios

Zitat von Hesindrigon:

Sich deshalb bewusst zu machen, welche Art von Regeln welche Art von Spilstil behindern oder fördern, finde ich deshalb sehr hilfreich!
Wenn man denn eine vollständige und allgemein bekannte Liste an Spielstilen hätte, dann ja. Aber ich habe meine Zweifel dass jeder unter „geschichtenerzählende Rollenspielrunde“ das Gleiche versteht bzw. dieses Ziel auf die gleiche Art und Weise umsetzen will.

Das meinte ich damit, das viele ihren Spielstil über Techniken definieren. Eine Geschichte kommt beim Rollenspiel immer raus. Ob man nun SUKA, SAKA, CR oder TR oder sonst was benutzt ist egal. Was die meisten Rollenspieler interessiert ist, ob es Spaß macht und nicht ob man dafür möglichst wenig Illusionismus, Railroading, etc. benötigt.

Da man aber genau diese Frage eben nicht für andere beantworten kann, würde ich eher dazu neigen allein die Wirkung einer Technik auf den konkreten Spielablauf zu erwähnen und nicht eins von vielen möglichen Ergebnissen zu denen der Gebrauch bestimmter Regeltechniken führen kann.

27.6.2007, 19:04
E-Mail – WWW
Dom

Zitat:

Das wäre meines Erachtens nach zu empfehlen für Leute, die einen guten Kompromiss suchen dazwischen, dass sich…
a) die Welt „echt” anfühlt und sie die Konsequenzen ihrer Handlungen zu spüren bekommen. Die (wie ich) auch mal um das Leben ihres SCs zittern wollen, wenn der SC sich (der „Physik-Engine” der Spiel-Regel-Welt gemäß) in „echte” Gefahr begibt; und…
b) dabei trotzdem ein „gute Story” rauskommt (ist nicht kürzer formuliert, weil weniger wichtig, sondern weil — hoffentlich — auch mit wenigen Worten schon klar).
Den Punkt a) kapiere ich nicht wirklich… Wenn wir uns auf SAKA geeinigt haben und festlgelegt wird: „Wenn du die Probe vergeigst, ist dein Charakter tot“, dann musst du nicht weniger zittern. SAKA heißt ja nicht, dass der Charakter immer automatisch überlebt…

Wenn du ein Rollenspiel hast, das SAKA als Standard-Konfliktauflösung von Hause aus mitbringt (also z.B. viele der Forge-Sachen) gibt es im Normalfall keine unterliegende „Physik-Engine“ — in diesem Fall werden die Stakes meistens frei ausgehandelt. Wenn man dagegen ein klassisches Rollenspiel nimmt und führ die Hausregel „Der SL darf situationsabhängige Stakes vergeben“ ein, dann kann er natürlich auch immer zur Physik-Engine zurückfallen.

Dom
27.6.2007, 23:02
Heshinyazia
Und wieder einmal habe ich keine Ahnung von den ganzen Fachbegriffen.

Aber eine konkrete Frage:

Ist es so, dass SAKA ungeeignet ist, wenn ich als SL noch gar nicht weiß, ob der Verbrecher entkommen soll oder nicht?

Gerade kleinere Nebenhandlungen entwickeln sich bei mir meist so spontan, dass ich selber meist noch keine Vorstellung von dem Ausgang habe. Manchmal agieren meine NSCs einfach spontan, weil ich das Gefühl habe, dass passt zu Ihnen und manchmal wird daraus auch eine größere Sache als beabsichtigt.

Tatsächlich könnte ich davon mindestens zwei Beispiele aus jüngster Vergangenheit anführen, bei der die Erwähnung eines Details aus Gründen der Weltausschmückung zu umfangreicherem Spiel führten. Und dann weiß ich natürlich nicht immer, was dabei heraus kommen soll.
27.6.2007, 23:32
E-Mail – WWW
Dom

Zitat:

Und wieder einmal habe ich keine Ahnung von den ganzen Fachbegriffen.
Welche Begriffe genau? Ich hatte gehofft, keine unbekannten Wörter zu verwenden.

Zitat:

Ist es so, dass SAKA ungeeignet ist, wenn ich als SL noch gar nicht weiß, ob der Verbrecher entkommen soll oder nicht?
Nehmen wir an, du leitest DSA und ihr habt euch drauf geeinigt, dass du als SL SAKA einsetzt und die Stakes bestimmst. Damit kannst du an eine Probe hängen, was du gerne möchtest: Du kannst bei den üblichen Proben bleiben oder du kannst was anderes proben lassen. Will sagen: Die Möglichkeiten werden erweitert, die alten Proben (z.B. die Klettern-Probe, die über Klettern oder Herunterfallen entscheidet) werden dadurch ja nicht verboten.

Aber wenn du dir die 6 Beispiele meines zweiten Postings anschaust, dann muss du ja auch nicht unbedingt ne Story im Kopf haben, um die Stakes entsprechend festzulegen. Das kann man auch ganz spontan machen. Zugegeben: Es ist nicht unbedingt einfacher, so zu leiten. Aber man kann damit a) das Würfeln hinterm Meisterschirm zur Erzwingung eines bestimmtes Ergebnisses verhindern und b) mit den Proben besser auf die Geschichte eingehen.

Um es nochmal deutlich zu sagen: SUKA bedeutet, dass man im Weseltlichen nur die Konflikte zur Verfügung hat, die der Autor des Spiels vorgegeben hat. Bei SAKA hat man beliebige Konflikte zur Verfügung, da man die abhängig von der Spielsituation festlegt.

Dom
28.6.2007, 13:15
Heshinyazia
Ich muss mich entschuldigen, wieder mal eine schnell hingeworfene Aussage:

Natürlich sind die einzelnen Begriffe klar oder erklärt, womit ich eher noch hadere ist, dass ich vermutlich eine deutliche Spielsituation brauche, da ich immer so intuitiv agiere, fällt es mir schwer, meine Handlungsweise zu theoretisieren. Und vermutlich wende ich SAKA intuitiv an. Du hast es schon eingangs erwähnt:

Zitat von Dom:

… und muss sich mehr Gedanken darüber machen, was er mit der Konfliktauflösung erreichen will.
Das galt im Kontaxt zwar für den Autor, stimmt aber auch für die SL.
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