Anlässlich des Erscheines der DSA-Kampagne Drachenchronik taucht ein besonderes Thema mal wieder am Horizont der Internet-Foren auf: Railroading.
Ich habe mich anlässlich dieses und aktuell dieses Threads gefragt, warum es es eine solche Unvereinbarkeit der zwei Hauptpositionen (der Spielleiter inszeniert ein Abenteuer vs. der Spielleiter simuliert nur die Hintergrundwelt) gibt. Und bin dann — aus welchem Grund auch immer — bei den Nudisten hängen geblieben.
Die Frage „Soll ein Spielleiter ein Abenteuer inszenieren und dabei Wahlmöglichkeiten der Spieler einschränken“ finde ich sehr vergleichbar mit „Soll eine Gesellschaft Badebekleidung vorschreiben?“ Denn aus Sicht der Railroading-Gegner (man könnte sie auch Sandboxer nennen) wie auch der Nudisten ist es eine Beschränkung der Freiheit. Die einen fühlen sich im Korsett des spielleiterlichen Railroadings eingezwängt, die anderen in der Badehose.
Der Konflikt entsteht im öffentlichen Raum. Niemanden stört es, wenn der Nudist zuhause nackt herumläuft. Aber wenn er nackt in die Öffentlichkeit geht, sorgt er für einen kleinen Skandal. Und es scheint mir so, dass es vor allem emotionale Beweggründe oder Geschmacksentscheidungen sind, die andere Spieler den Sandbox-Nudismus ablehnen lassen. Ob es Scham ist? Ob es das Beharren auf Konventionen ist? Wer weiß das schon?
Das ist in der Debatte Nudismus oder nicht aber auch irrelevant. Denn wenn es zwischen Nudisten und Badehosenträgern zu einem Disput kommt, werden sowieso beide Seiten dem Gegenüber unsachliche Argumente vorwerfen. Was den einen Verklemmtheit ist, ist den anderen Provokation.
Und kennzeichnend ist auch die mangelnde Einsicht in die Denkweise des Gegenübers. Ein Badehosenträger wird auf die Frage „aber was machst Du, wenn Du einfach mal Luft an alle Teile Deines Körpers lassen willst“ nur antworten können: „Ich habe kein Bedürfnis, Luft an alle Teile meines Körpers zu lassen“. Und umgekehrt geht es genauso: der Nudist wird garantiert mit „dann fühle ich mich freier“ antworten, wenn er gefragt wird, warum er denn auf die Badehose verzichtet.
Gefühl, Bedürfnis, das sind meiner Meinung nach auch die Eindrücke, die in den Railroading-Diskussionen immer wieder angeführt werden. Und ein Scheitern der Konstruktivität ist vorprogrammiert. Ein Nudist versteht nicht, warum sich zwei Badehosenträger begeistert über die aktuelle Bademode unterhalten. Für ihn ist das lediglich das Beschäftigen mit Defiziten anstatt diese Defizite zu beseitigen. Und für Badehosenträger ist ein FKK-Strand ein einziges Mysterium, ein grotesker Ort voller Leute, die sich besser etwas anziehen sollten (obwohl sie gerade dort versammelt sind, weil sie keine Lust haben, sich etwas anzuziehen).
Interessant ist auch dabei die Frage nach der Definition von Railroading überhaupt. Hier habe ich den Eindruck, dass die Gegner jegliche Art von spielleiterlicher Inszenierung als Railroading geißeln, während die Verteidiger dieser Inszenierung als Railroading ganz andere Dinge bezeichnen. Im übertragenen Sinne: Den Badehosenträgern fiele es nicht ein, im Anzug oder in Jeans und T-Shirt baden zu gehen. Die Nudisten machen keinen Unterschied zwischen Alltagsbekleidung und Badebekleidung. Bekleidung ist generell pfui.
Insofern bin ich geneigt, in künftigen Diskussionen zu diesem Thema das spielleiterliche Inszenieren von Abenteuern als die „Badehose des Rollenspiels“ zu bezeichnen und die Vertreter des Sandboxens Nudisten zu nennen.
So, und nun seid Ihr dran! Einwände, Kommentare? Bei solchen Vergleichen kann man ja echt mal daneben greifen, daher will ich von Euch wissen, ob Ihr meine Schlussfolgerung für einleuchtend erachtet oder nicht!
Gruß
Chris