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RPG allgemein: Von linearen und nichtlinearen Abenteuern (Blog) {Abenteuer, Linear, Spielleiter}
17.9.2008, 21:43
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Dom
In letzter Zeit habe ich an einigen Stellen was darüber gelesen, dass es klassische und moderne Abenteuer gibt. „Abenteuer“ meint hier Kauf-Abenteuer-Bücher, vor allem für DSA (aber auch für andere RPG-Systeme). Mit „klassisch“ ist gemeint, dass das Abenteuer vom Autor als Geschichte erzählt wird. Im Gegensatz dazu bedeutet „modern“, dass der Abenteuer-Autor keine feste Geschichte vorgesehen hat, sondern dass es mehrere Alternativen gibt, Entscheidungsstellen, offene Abschnitte.

Da ich nicht denke, dass eines davon klassisch und das andere modern ist (ich kenne ganz neue, klassische Abenteuer und auch alte moderne), möchte ich lieber von linear und nichtlinear sprechen. Linear erinnert mich als Mathematiker immer an sowas wie Geraden durch den Nullpunkt, ist hier aber anders gemeint. Das Wörtchen bedeutet: Der Autor gibt einen Weg vor, nach Situation A kommt B, dann C, D usw., bis das Ende erreicht ist. Abweichende Wege (z.B. von A direkt nach D oder von G zurück zu E) sind nicht vorgesehen.

Nichtlineare Abenteuer sind logischerweise solche, bei denen das Obige nicht gilt. Wobei ich auch Abenteuer, die sich nur wenig von rein linearen Abenteuern unterscheiden, immer noch zu den linearen Abenteuern zählen möchte. Was genau „nur wenig“ heißt, möchte ich gar nicht so genau festlegen.

Festzustellen ist auf jeden Fall, dass ein Abenteuer, nachdem es eine Gruppe gespielt hat, im Rückblick immer linear aussieht. Etwas ausführlicher kann man das in Florian Bergers SL-Büchlein nachlesen. Denn schriebe man die Erlebnisse während des Spieles auf, so entstände eine Geschichte. Nachzulesen in hunderten von Spielberichten (z.B. hier oder auch im Tanelorn). Ein nichtlineares Abenteuer macht also aus, dass sich die erlebten Geschichten von verschiedenen Gruppen wesentlich unterscheiden, obwohl sie sich ans Skript gehalten haben.

Letzteres ist wichtig, denn wenn ich mich nicht ans Skript halte, können und werden natürlich unterschiedliche Geschichten entstehen. Wenn man sich über Abenteuerbücher unterhält, müssen wir also davon ausgehen, dass sich die Spieler an die Vorlage halten. Das betone ich deswegen so, weil sich Keidi letztens als Freund linearer Abenteuer geoutet hat und in einem Interview sagte: „Ich will Geschichten erzählen und nicht nur den Hintergrund für andere Geschichten liefern, aber ich nehme es niemandem übel, wenn er aus meinen Ideen was Eigenes macht.“ Er geht also als Autor davon aus, dass sich die Spieler nicht an seine Anweisungen halten und etwas eigenes daraus machen. Aber da man in diesem Fall nicht vom Abenteuer auf das schließen kann, was gespielt wird, kann man natürlich nichts darüber sagen, wie linear oder nichtlinear das Abenteuer ist.

So, nachdem die Begriffe geklärt sind, überlegen wir doch mal, wie lineare oder nichtlineare Abenteuer aussehen. Das „linear“ hat Keideran ja schon in seiner Aussage umrissen: Der Autor erzählt eine Geschichte, die als Vorlage für ein Abenteuer dient. Hält man sich an die Vorgabe, kann nichts anderes dabei herauskommen, als diese eine Geschichte. In der Praxis bestehen lineare Abenteuer meist aus einer Aneinanderreihung von Situationen, die in einer festgelegten Reihenfolge durchlaufen werden. Nichtlineare Abenteuer dagegen bestehen aus der Beschreibung von Ereignissen, Orten und Charakteren, die der Spielleiter auf die Spielfiguren „loslässt“. Eventuell gibt es dabei lineare Stücke und festgelegte Übergänge zwischen größeren Abschnitten, wodurch das Abenteuer dann wieder etwas mehr in eine vorgegebene Geschichte übergeht.

Das Problem von linearen Abenteuern wird mit einem Begriff bezeichnet, der vor 2004 in Deutschland wohl noch ziemlich unbekannt war und mittlerweile inflationär gebraucht wird: Railroading. Die Spieler fühlen sich gegängelt, weil der Spielleiter sie dazu drängt, genau an der Erzählung des Abenteuers zu bleiben. Solch ein Gefühl der Machtlosigkeit ist natürlich frustrierend und sollte unbedingt vermieden werden. Daher geben viele linearen Abenteuer Hilfen für den Spielleiter, falls die Spieler ihre Figuren außerhalb der vorgegebenen Pfade lenken. Am häufigsten kommen Beschreibungen der Charaktere und Hintergründe der SL-Figuren vor (häufig im Anhang), aber auch Warnungen und Tipps an den Spielleiter in kritischen Abenteuersituationen sind üblich. Der Abenteuerautor hat sich im Idealfall Gedanken gemacht, wie ein Spielleiter die Spieler wieder zurück auf den „rechten Pfad“ lenken kann, ohne sie dorthin zu drängen.

Das Problem von nichtlinearen Abenteuern ist oft genug, dass der Spielleiter vom Autor alleine gelassen wird. Bekommt er beim linearen Abenteuer durch die Geschichte ein Gefühl dafür vermittelt, wie sich der Autor den Verlauf und die Spannungskurve vorstellt, so kann es bei reinen Beschreibungen von Charakteren, Orten und Ereignissen dazu führen, dass die Spielgruppe planlos darin herum stochert, ohne dass eine interessante Geschichte entsteht. Oft sind solche Abenteuer in Wahrheit eher Kampagnenhintergründe, aus denen der Spielleiter selbst Abenteuer machen muss — vorbereitet oder improvisiert. Gute nichtlineare Abenteuer geben stark motivierte SL-Figuren vor und zeigen einen möglichen Verlauf der Geschichte, um den Leiter nicht untergehen zu lassen.

Unabhängig von linear oder nichtlinear kann man ein Qualitätskriterium für gute Abenteuer aufstellen: Das Abenteuer muss eine möglichst gute Anleitung sein, einen interessanten Spielabend (oder mehrere) zu gestalten. Das ist sicherlich das A und O, und dessen sollten sich alle Abenteuerautoren unbedingt bewusst sein. Sie schreiben keinen Roman, sondern sie schreiben eine Hilfe, eine Anleitung für einen Spielleiter! Ob sich dann am Ende die Geschichten voneinander wesentlich unterscheiden oder nicht, ist eigentlich total egal, denn eine Gruppe wird ein Abenteuer nur einmal spielen. Es gibt sowohl für lineare als auch für nichtlineare Abenteuer Möglichkeiten, eine gute Anleitung zu sein. Dabei scheinen nichtlineare Abenteuer für den Autor einfacher, weil die Railroading-Gefahr größer ist und sich auf den direkten Spielspaß auswirkt. Ein schlechtes lineares Abenteuer lässt den SL hängen, wenn die Spieler auch nur ein Iota von der Geschichte abweichen und führt sofort zu spürbarer Gängelei. Ein schlechtes nichtlineares Abenteuer ist meist „nur“ mit einem Mehraufwand für den SL verbunden, das merken die Spieler aber nicht und das Spielerlebnis wird nicht (oder zumindest weniger) getrübt.

Tatsächlich sind meiner Meinung nach beide Arten von Abenteuern gleich schwierig zu schreiben. Denn wenn der SL durch zu viel Arbeit frustriert wird, wirkt sich das auf Dauer nicht gut für das Spiel aus. Es ist zwar nicht so direkt spürbar, wie beim Railroading, hat aber häufig eine mit der Zeit sinkende Abenteuerqualität zur Folge. Autoren und Redaktionen von Kaufabenteuern müssen also unbedingt verstehen, was ihre Aufgabe ist: Gute Abenteuer zu veröffentlichen! Weder will ich als SL einen Roman lesen und ins Schwimmen kommen, noch will ich mir alle Szenen und den Verlauf des Abenteuers selbst ausdenken oder improvisieren müssen. Ich will ein Abenteuer lesen und es spielen. Ganz einfach.
18.9.2008, 08:44
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Drak
Dein Artikel gefällt mir. Er nimmt ein bisschen die Fronten auseinander :)

Ich sehe grade nicht viel mehr zu sagen, außer „es gibt auch Wege dazwischen“, aber auch das ist nicht so neu :)

Und: Railroading ist völlig OK, solange die Spieler es nicht merken :)

Eins meiner spannendsten Abenteuer (als SL) hat den Spielern keinerlei Freiheiten gelassen (weil ich einen Charakter an dem Spielabend rausspielen musste), und hatte einen Off-Play Zeitplan, wann ich welche Szene durchhaben muss, aber als ich sie nach dem Spiel gefragt habe, haben sie alle geantwortet, das sie nichts von Railroading gemerkt haben.

Ich hatte da allerdings auch schon mehrere Jahre Spielerfahrung mit der Gruppe, wusste also, wo ich ihre Charaktere und die Spieler selbst kriegen konnte :)

Deswegen denke ich, es geht wenn man Railroading braucht vor allem darum, das Railroading glatt durchzuziehen — und als Hinweis dazu: oft kann man auch die Welt anpassen, so dass die Handlungen der Spieler sie zu der Szene bringen, in der man sie braucht.

Meine Stadtpläne sind dafür bekannt, dass sich die Handlungsschauplätze öfter mal verschieben können :)

Wenn die Kneipe eigentlich im Süden ist und ich sie in der Kneipe brauche, die Spieler aber partout nach Norden wollen, dann landet die Kneipe halt im Norden, wenn sie den Namen der im Süden schon kennen halt unter neuem Namen.

Und was die Spieler nicht wissen kann sich jederzeit ändern, um die Story voranzubringen :)
18.9.2008, 10:42
rillenmanni
Sehr schönes Thema.

Zunächst zum Railroading — und in der Hoffnung, daß wir hier nicht eine neuerliche RR-Diskussion anfangen, sondern grundsätzlich bei linear vs nichtlinear bleiben:

Zitat von Drak:

Railroading ist völlig OK, solange die Spieler es nicht merken … Wenn die Kneipe eigentlich im Süden ist und ich sie in der Kneipe brauche, die Spieler aber partout nach Norden wollen, dann landet die Kneipe halt im Norden, wenn sie den Namen der im Süden schon kennen halt unter neuem Namen.
Das ist dann kein RR sondern sog. Illusionismus. Das Vorgaukeln von Freiheit. Oder wenn man so will: Ein gelungener Illusionismus ist ein RR, der die Spieler nicht im Arsche schmerzt.

Nun aber gut zum Thema RR, bevor man mir meine bescheidene Definitionsmacht wiederum um die Ohren haut.

Zitat von Dom:

Wobei ich auch Abenteuer, die sich nur wenig von rein linearen Abenteuern unterscheiden, immer noch zu den linearen Abenteuern zählen möchte. … Gute nichtlineare Abenteuer geben stark motivierte SL-Figuren vor und zeigen einen möglichen Verlauf der Geschichte, um den Leiter nicht untergehen zu lassen.
Hier stimme ich zu, zum allergrößten Teil auch in der Aussage, daß nur ein Kratzen an der Linearität — etwa durch freie Elemente innerhalb eines linearen Ablaufs — nichts an der grundsätzlichen Kategorisierung „lineares Abenteuer“ ändert.

Unterm Strich aber finde ich es (bislang) schwieriger, ein nichtlineares Abenteuer zu fabrizieren. Du machst gute Abenteuer dieser Art am Vorhandensein „stark motivierter SL-Figuren“ fest, sprichst also von personenzentrierten Abenteuern, nicht wahr? Schließt Du damit andere Abenteuerarten aus? Meine beiden Versuche, nichtlineare Abenteuer zu schreiben, sind (Achtung! Wohlkalkulierte Werbung!):
  • Das Kalte Herz
  • Wolfserwachen aus der bald erscheinenden Bornland-Anthologie Rittererbe
Ich glaube, beide Abenteuer sind nicht in dem Maß nichtlinear, wie ich mir dies vorgenommen hatte, wobei das Kalte Herz eher nichtlinear ist als Wolfserwachen, ausgerechnet Wolfserwachen aber dasjenige Abenteuer mit den „stärkeren“ NSC-Motivationen ist. Beide Abenteuer haben einen Ablauf, der eben einfach geschieht, solange die Helden nicht eingreifen, beide Male gilt es, einen katastrophalen Verlauf zu verhindern. Gerade aber bei Wolfserwachen (das ich unter Zeit- und Zeichennot geschrieben habe, nein, heute beenden soll) hat sich mittlerweile herausgestellt, daß es doch recht „ereignisbezogen“ ist, dh die SC dürfen nicht einen ganz bestimmten Schritt (Finde A heraus) vor dem anderen tun, da sie ansonsten eine Erkenntnis besäßen, die sie ein dann Folge-Ereignis gewiß verhindern wollen ließen, das aber notwendig ist, um die Handlung im erforderlichen Maße zu eskalieren. Auch später gibt es einen linearen Ablauf, den die SC nur bedingt beeinflussen können: Erst geschieht das (ohne Zutun der SC), dann kommt jener und will das (ohne Zutun der SC), währenddessen kommt es immer wieder zu dem (dem die SC mit Gewalt oder Köpfchen begegnen müssen) — erst dadurch kommt wieder die o.g. katastrophale Dynamik zur Geltung, die die SC durch Element D beenden müssen, indem sie A und B herausfinden und gegen den Widerstand einiger NSC mit C benutzen, wobei dann am Ende (Finale) im „Idealfall“ (das heißt paradoxerweise: die SC können durch eigenes Vermögen den „Idealfall“ verhindern, indem sie im Vorfeld bereits in einem gewissen Detail erfolgreich sind) die Handlung noch durch eine Wendung bereichert wird.
Ursprünglich hatte ich das anders vorgesehen: Nachdem die SC erst einmal am eigtlen Handlungsort angekommen wären, müßten sie die relevanten Bedingungen und Elemente identifizieren und daraufhin unter der ständigen Gefahr, einen auf den Deckel zu kriegen, derart miteinander beeinflussen, daß sie am Ende nicht die Gearschten sind. Vielleicht sehe ich das ja zu eng, und man kann das Wolfserwachen noch immer als nichtlinear bezeichnen, aber ich habe den Eindruck, durch die vorfindlichen Details letztlich viel zu stark in eine lineare Ecke gedrängt worden zu sein.

Daher auch noch einmal meine Frage an Dom: Siehst Du die wahren nichtlinearen Abenteuer nur in personenzentrierten Abenteuern?
zuletzt geändert: 18.9.2008, 10:43
18.9.2008, 20:04
><
Schöner Artikel…

Dennoch schätze ich den Arbeitsaufwand für ein nichtlineares Abenteuer, welches den Spielleiter mit ähnlicher Komplexität fordern soll, wie ein lineares Abenteuer zum gleichen Szenario, als wesentlich größer ein.
Als Autor eines linearen Abenteues kann ich mich auf den vorgesehen Lösungsweg beschränken und mich auf dessen detailreiche Ausgestaltung und illusionäre Verhüllung konzentrieren. Bei einem nichtlinearen Abenteuer muss ich, um dem Spielleiter den selben Komfort zu bieten, auch Schauplätze, Personen und Konfrontationen ausgestalten, die eventuell im tatsächlichen Spiel keine Anwendung finden.
Ich muss also für das gleiche Abenteuerszenario mehr an Inhalt bieten und spare dabei lediglich das Austrampeln des zu begehenden Pfades ein, welches der lineare Schreiberling eventuell intensiver betreiben muss.

Da der Umfang der nichtlinearen Kaufabenteuer, die mir bekannt sind, in der Regel den Umfang ihrer linearen Brüder und Schwestern nicht übersteigt, diese sich aber auch nicht mit unspektakulären und eingeschränkten Szenarien zufrieden geben möchten, bedeuten sie regelmäßig größere Komplexität und Arbeit für den SL.

><, ein paar Sätze
18.9.2008, 21:32
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Dom

Zitat von Drak:

Und: Railroading ist völlig OK, solange die Spieler es nicht merken :)
Mit Railroading meine ich grundsätzlich, dass die Spieler sich gegängelt fühlen. Und das ist niemals okay. Illusionismus (und andere „Tricks"), um die Spieler beim Abenteuer zu halten, ist was anderes. Siehe auch die RR-Anmerkung von Rillenmanni.

Zitat von Rillenmanni:

Unterm Strich aber finde ich es (bislang) schwieriger, ein nichtlineares Abenteuer zu fabrizieren.

Zitat von ><:

Dennoch schätze ich den Arbeitsaufwand für ein nichtlineares Abenteuer, welches den Spielleiter mit ähnlicher Komplexität fordern soll, wie ein lineares Abenteuer zum gleichen Szenario, als wesentlich größer ein.
Natürlich ist es leichter, eine spannende Geschichte zu erzählen, indem man eine spannende Geschichte erzählt [sic!]. Das ist aber nur selten wirklich ein gutes Abenteuer — ich habe gerade „Im Schoße der Mutter“ aus „Seelenschatten“ gelesen. Grauenhaft, trotz cooler Grundidee und toller Geschichte (ok, schriftstellerisch auch ziemlich weit unten; ich sag nur „show, don't tell“, aber egal). Wenn ich das litte, improvisierte ich mit Sicherheit den halben Abend, oder ich müsste mich vorher wirklich ausführlich vorbereiten. Dagegen ist „Wenn zwei sich streiten“ aus demselben Band ein recht offenes Abenteuer, dass einen genau da auffängt, wo man es braucht. Das würde ich auch leiten, wenn ich es nur noch einmal durchlese.

Ich glaube, es ist immer so, wie man es gewohnt ist. Mir persönlich liegen offene Abenteuer. Ich empfinde das Schreiben einer Geschichte eher lästig ;) Anderen geht es sicherlich anders.

Zitat von Rillenmanni:

Siehst Du die wahren nichtlinearen Abenteuer nur in personenzentrierten Abenteuern?
Nein. Personenzentrierte Abenteuer waren beispielhaft gemeint. Tatsächlich sehe ich vier Komponenten, aus denen Abenteuer aufgebaut sind:
- Situationen. Die Helden kommen in eine Situation, es gibt einen oder mehrere Ausgänge und Fortführungen.
- Ereignisse. In der Spielwelt passieren Dinge; sind die Helden zur richtigen Zeit am richtigen Ort, so erleben sie das Ereignis hautnah mit. Wenn nicht, bekommen sie die Auswirkungen zu spüren.
- Orte. Gelangen die Helden an bestimmte Orte, passieren dort vorbereitete Dinge.
- Charaktere. Meisterpersonen mit eigenen Zielen und Wünschen.
Vor allem Situationen sind dazu geeignet, eingleisige Abenteuer vorzubereiten. Sie bieten Sicherheit. Ereignisse sind ergebnisoffener, bieten aber immer noch die Gewissheit, dass sie quasi unabhängig von den Helden geschehen. Orte können sehr eingeschränkt verwendet werden (z.B. Dungeoncrawl) oder sehr offen (z.B. Detektivabenteuer). Je nach Verwendung sind sie recht schwierig, sowohl in der Vorbereitung, als auch in der Anwendung. Charaktere sind sicherlich die flexibelsten Komponenten.
<Werbung>Das wird in meinem SL-Buch, das zur Spiel erscheinen wird, noch etwas ausführlicher behandelt.</Werbung>

Zitat von ><:

Da der Umfang der nichtlinearen Kaufabenteuer, die mir bekannt sind, in der Regel den Umfang ihrer linearen Brüder und Schwestern nicht übersteigt, diese sich aber auch nicht mit unspektakulären und eingeschränkten Szenarien zufrieden geben möchten, bedeuten sie regelmäßig größere Komplexität und Arbeit für den SL.
Kannst du Beispiele geben? Ich empfinde beispielsweise den Unersättlichen in den einzelnen Modulen als ziemlich handlungsoffen, sehe jedoch keinen Abstrich in der Komplexität. Durch die Übergänge wird das Abenteuer (von der Ferne gesehen) recht linear — hierbei will ich mich nicht entscheiden, ob es sich um ein lineares Abenteuer oder ein nichtlineares handelt.

Aber vielleicht überschätze ich auch den Aufwand, ein gutes, lineares Abenteuer zu schreiben. Ich habe nur leider in letzter Zeit keines gesehen. Und mir persönlich liegen die nicht so.
18.9.2008, 23:02
Krassling
Letztlich werden sich die allermeisten Abenteuern zwischen den beiden Extremen bewegen. Der Ansatz von Florian Berger für die Konzeption eines nichtlinearen Abenteuers erschien mir beim Lesen allerdings sehr arbeitsaufwendig.

Ich selbst empfinde völlig offen gestaltete Abenteuer nicht nur als Meister besonders mühsam, sondern insbesondere auch als Spieler sehr anstrengend. Mir fehlt da gewissermaßen die führende Hand, die mich auf einen gelungenen Pfad der (rückwärts betrachtet linearen) Handlung führt. Als Spieler will ich gewissermaßen unterhalten werden und der Narrativist in mir will eher eine gute Geschichte erleben/ mitspielen, als die Weiten der endlosen Handlungsfreiheit auskosten. Für mich bedeutet in der Praxis maximale Handlungsfreiheit auch oft maximale Langeweile.

Eine klassische Konstellation für ein offenes Abenteuer ist meiner Ansicht nach eine Pattsituation zwischen verschiedenen Parteien, die sich mit komplexen Interessen gegenüber stehen. Nach meinen Erfahrungen, macht es nicht so viel Spaß eine derartiges Abenteuer zu spielen, wie eine gut geplante und dafür vielleicht etwas enger geplante Geschichte.

Der Unersättliche ist für mich eines der besten Beispiele überhaupt, wie man lineare mit nichtlinearen Elementen kombiniert. Chris verwendet gewisse Ankerpunkte um den Metaplot zusammenzuhalten und bleibt damit auf dieser Ebene linear. In der Detailierung gibt er jedoch eine Problemstellung und eine Ort/Personen etc. vor. Damit bewegt er sich im konkreten Handlungsumfeld der Helden auf einem nichtlinearen Pfad.

Zitat von Dom:

<Werbung>Das wird in meinem SL-Buch, das zur Spiel erscheinen wird, noch etwas ausführlicher behandelt.</Werbung>
Wie erst zur Spiel? Welch Enttäuschung!

Ach ein Beispiel für ein offenes Abenteuer, welches fast unmöglich zu handeln ist, wäre Der Löwe und der Rabe.

Interessant finde ich es vor dem Hintergrund dieser Betrachtungen übrigens wie man selbst Abenteuer konzipiert. Ich verwende beispielsweise keine Relation-Maps da zu viele Figuren in einem Abenteuer für mich zu viele Komplikationen (auch als Spieler) bedeuten und damit die Spannung rauben.
Normalerweise konzipiere ich ein Abenteuer um bestimmte Schlüsselszenen, wobei ich von einer Grundidee und einem Finale ausgehe in welchen sich die Helden besonders gut in Szene setzen können. Auf dieses Finale werden die notwendigen Ereignisse und Schritte geplant, die zur logischen Erreichung des Ziels erforderlich sind. Darüber hinaus sehe ich Schlüsselszenen vor, die der Präsentation der Figuren (NSC oder Helden) dienen bzw. Schlüsselinformationen vermitteln können.

Dies erlaubt es immer wieder mit minimaler Vorbereitung sehr zufriedenstellende Abende zu leiten. Mein Vorgehen empfinde ich dabei selbst als sehr linear, wenngleich die Spieler im Grunde alle Möglichkeiten haben, von diesem Pfad abzuweichen. Da ich das Finale stets im Auge habe, fällt es auch nicht schwer, die geplanten Szenen in Muss und Kann Szenen zu unterteilen.
19.9.2008, 05:55
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Dom

Zitat von Krassling:

Der Ansatz von Florian Berger für die Konzeption eines nichtlinearen Abenteuers erschien mir beim Lesen allerdings sehr arbeitsaufwendig.
Mir auch. Zumal es Spieler garantiert schaffen werden, auch dort auszubrechen ;)

Zitat von Krassling:

Ich selbst empfinde völlig offen gestaltete Abenteuer nicht nur als Meister besonders mühsam, sondern insbesondere auch als Spieler sehr anstrengend.
Interessant. Dann gehörst du wohl zu den Leuten, die den „richtigen“ Weg durchs Abenteuer versuchen, vorherzuahnen und entsprechend zu reagieren? Oder willst du dich tatsächlich eher „fallen lassen“ und vom SL aufgefangen und getragen werden? BTW: Was meinst du mit „Narrativist“? Dass du gerne eine gut geplante Geschichte erlebst, oder dass du gerne beschreibst/erzählst?

Zum „Meister besonders mühsam“: Wie gesagt, ich empfinde es als eine Hauptaufgabe des Abenteuer-Schreibers, dem SL Hilfen zum Leiten zu geben. Deswegen spreche ich auch nicht so gerne von „offen“, denn das wäre dann tatsächlich ein Szenario, welches der SL erst mühsam vorbereiten muss. Ein nichtlineares Abenteuer muss und sollte ja nicht komplett offen sein.

Insgesamt müssen durch meine Forderungen nach Hilfe für den SL natürlich in ein lineares Abenteuer Tipps eingebunden werden, die einen nichtlinearen Charakter haben und umgekehrt. Dadurch gleichen sich die Abenteuerformen zwangsweise an.

Zitat von Krassling:

Eine klassische Konstellation für ein offenes Abenteuer ist meiner Ansicht nach eine Pattsituation zwischen verschiedenen Parteien, die sich mit komplexen Interessen gegenüber stehen.
Ja, beispielsweise. Überhaupt bieten konfliktreiche Grundsituationen einen guten Hintergrund. Aber ohne zusätzliche Hilfen für den SL ist das Ganze nicht unbedingt ein Abenteuer. Meist braucht man als SL zusätzliche Informationen. Und wenn man die nicht bekommt, dann beruht das Szenario vielleicht auf einer netten Idee, ist aber kein gutes Abenteuer.

Zitat:

ch verwende beispielsweise keine Relation-Maps da zu viele Figuren in einem Abenteuer für mich zu viele Komplikationen (auch als Spieler) bedeuten und damit die Spannung rauben.
Ich verwende fast immer R-Maps, auch wenn ich nur drei NSC habe. Denn dort sehe ich die Figuren und ihre Beziehungen auf einen Blick. Ich zeichne in meine R-Maps auch gerne die Spielerfiguren (meist als Gruppe) ein, um auch dort die Übersicht zu haben. Ich bin doch so furchtbar vergesslich ;)

Zu deiner privaten Vorbereitung: Ja, so kann man es sicherlich machen. Ich glaube aber, man kann eigene Vorbereitungen und Kaufabenteuer nur schwer miteinander vergleichen. Denn wenn ich eine Geschichte vorbereite, dann kenne ich meine Pappenheimer — sowohl die Spieler mit ihren SC, als auch meine SLC. Wenn du das aufschreiben wollen würdest, damit es andere auch spielen können, müsstest du da ne Menge zu schreiben.
BTW: In meinem AAS-Abenteuer (das man ja im DSA-Hexenkessen downloaden kann), habe ich mich darum bemüht, meine obigen Forderungen zu erfüllen.
19.9.2008, 18:27
rillenmanni

Zitat von Dom:

- Situationen. Die Helden kommen in eine Situation, es gibt einen oder mehrere Ausgänge und Fortführungen. … Vor allem Situationen sind dazu geeignet, eingleisige Abenteuer vorzubereiten. Sie bieten Sicherheit.
- Ereignisse. In der Spielwelt passieren Dinge; sind die Helden zur richtigen Zeit am richtigen Ort, so erleben sie das Ereignis hautnah mit. Wenn nicht, bekommen sie die Auswirkungen zu spüren. … Ereignisse sind ergebnisoffener, bieten aber immer noch die Gewissheit, dass sie quasi unabhängig von den Helden geschehen.
- Orte. Gelangen die Helden an bestimmte Orte, passieren dort vorbereitete Dinge. … Orte können sehr eingeschränkt verwendet werden (z.B. Dungeoncrawl) oder sehr offen (z.B. Detektivabenteuer). Je nach Verwendung sind sie recht schwierig, sowohl in der Vorbereitung, als auch in der Anwendung.
- Charaktere. Meisterpersonen mit eigenen Zielen und Wünschen. … Charaktere sind sicherlich die flexibelsten Komponenten.
Ich finde anhand obiger Ausführungen insbesondere die Unterscheidung zwischen Situation und Ereignis schwierig zu treffen. Kannst Du das noch einmal ein bißchen breiter treten? (Ich kaufe Dein Buch trotzdem, ist doch klar.) Denn am Ende habe ich es bei Wolfserwachen ja gar nicht im Situationen sondern mit Ereignissen zu tun. =) Schwupps ist das Abenteuer aufgewertet. Nee, im Ernst: Momentan habe ich an den entsprechenden Stellen „Situation“ in der Überschrift stehen — wäre doch schade, wenn das falsch wäre.
19.9.2008, 18:52
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Haarald
Ich hab das immer so interpretiert:

Situation: Die Charaktere treffen auf den Schwarzmagier.

Ereignis: Der Schwarzmagier vollendet ein dunkles Ritual.
zuletzt geändert: 19.9.2008, 18:52
19.9.2008, 19:00
alexandro
Sehr gute Beschreibung (besonders da sie mit dem Mythos „nichtlinear=besser“ aufräumt und auf die Rolle des Pacings zu sprechen kommt).

Irgendwie vermisse ich aber die Multi-Linearen ABs in dieser Aufzählung (die, welche nicht nur NSCs, Ereignisse und Schauplätze vorgeben, sondern konkrete Handlungsverläufe vorzeichnen, welche aber abhängig von den Spielerentscheidungen unterschiedlich genutzt werden(oft mit Hinweisen der Autoren, welche Spielerentscheidungen zu welchen „Szenen“ führen könnten).
19.9.2008, 19:06
rillenmanni
Hm, hmm …
Eine Situation ist etwas, in das man als wackrer Held zwangsläufig hineinstolpert (der Schwarzmagier ist drauf und dran, ein dunkles Ritual zu vollenden — eine brenzlige Situation, die aber entschärft werden kann, falls man das Ritual verhindert), wohingegen ein Ereignis eben einfach aber garantiert eintrifft, ob die Helden nun da sind oder nicht?

Korrekt?

Hm, da scheint mir die Situation dann aber doch ergebnisoffener zu sein als das Ereignis. Oder ich habe den Bezug von „ergebnisoffen“ nicht verstanden.
19.9.2008, 19:10
rillenmanni

Zitat von alexandro:

(die, welche nicht nur NSCs, Ereignisse und Schauplätze vorgeben, sondern konkrete Handlungsverläufe vorzeichnen, welche aber abhängig von den Spielerentscheidungen unterschiedlich genutzt werden(oft mit Hinweisen der Autoren, welche Spielerentscheidungen zu welchen „Szenen“ führen könnten)
Hui! Vielleicht ist mein Abenteuer ja in Wahrheit multilinear! =) … Ich finde das wirklich schwierig einzuordnen.
Aber wo Du schreibst „NSC, Ereignisse und Schauplätze vorgeben“: Schließt Du „Situationen“ damit bewußt für multilineare Abenteuer aus oder hast Du nur unscharf formuliert?
19.9.2008, 22:06
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Dom
@alexandro: Was „Handlungsverlauf“ angeht: Den habe ich bei den Komponenten nicht drin. Das ist nach meinem Verständnis die Verknüpfung dieser Elemente (insbesondere Verknüpfungen von Situationen). [EDIT] Ansonsten ist das, was du als „multilinear“ bezeichnest, auch erstmal nichtlinear. Man kann sicherlich noch weitere Unterteilungen machen (auch von linearen Abenteuern); das habe ich hier aber zur Vereinfachung weggelassen. [/EDIT]

@rillenmanni: Das mit dem „ergebnisoffen“ bezieht sich auf den möglichen Abenteuerverlauf. Ein Ereignis wird zu einer Situation, wenn die Helden dabei sind. Dabei kommt es bei länger andauernden Ereignissen auch noch darauf an, wann die Helden dazukommen. Damit ergeben sich mehr Möglichkeiten, als bei reinen Situationen.

Konkret: Der Schwarzmagier will das Ritual vollenden; die Helden kommen just zu dem Zeitpunkt hinzu, als er gerade die Junfrau opfern will. versus Der Schwarzmagier beginnt sein Ritual am Ritualkreis mit der untergehenden Sonne; die Jungfrau opfert er etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht. Das Ritual endet Schlag zwölf. Kommen die Helden hinzu, können sie das Ritual natürlich stören. Je nachdem, wann sie hinzukommen, ist die Jungfrau eventuell schon tot. Oder sie verpassen das Ritual völlig, dann finden sie am nächsten Tag eben die tote Jungfrau.
zuletzt geändert: 19.9.2008, 22:12
21.9.2008, 17:37
><
@ Dom
Beispiele sind recht schwierig zu finden, da es so viele nicht lineare Abenteuer nicht gibt und das Leiten ziemlich leidet…
Ich versuche es mal mit „Blutige See“, welches zwar einen linearen Strang hat, gleichzeitig aber auch durch viele Module einen gewissen nichtlinearen Charakter aufweist.

Zum einen kann ich mich als SL nicht darauf verlassen, dass eine bestimmte vorgegebene Szene am Spieltag auftritt, sondern muss mich prinzipiell auf alle Szenen vorbereiten, auf die die Spieler durch ihre Entscheidungen treffen könnten.

Gleichzeitig muss ich aber auch die Szenen teilweise näher ausgestalten und vorbereiten (wobei hier gute Vorarbeit geleistet wurde).
Man wird nicht dazu kommen, alle Szenen auszuspielen, da die eine ggf. durch die andere ausgeschlossen wird, folglich sind es mehr Szenen als bei einem linearen Abenteuer, folglich die einzelnen Szenen weniger detailliert ausgearbeitet.

Das macht nichts, wenn man als SL gut improvisieren kann. Kann man es aber nicht, erfordert es mehr Vorbereitung.

Da also entweder mehr Können oder mehr Arbeit zur erfolgreichen Absolvierung des Abenteuers durch den SL erforderlich ist, ist es eben auch komplexer.

><, sich klärlich ausgedrückt zu haben höffend
21.9.2008, 19:43
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Dom
Ja, schwierig. „Blutige See“ ist genau das, was ich im Eingangsposting als „eher Kampagnenhintergrund“ bezeichnet habe. Letztendlich macht Blutige See daraus ja keinen Hehl.
21.9.2008, 22:44
Krassling

Zitat von Dom:

Interessant. Dann gehörst du wohl zu den Leuten, die den „richtigen“ Weg durchs Abenteuer versuchen, vorherzuahnen und entsprechend zu reagieren? Oder willst du dich tatsächlich eher „fallen lassen“ und vom SL aufgefangen und getragen werden?
Hm. In erster Linie will ich als Spieler unterhalten werden. Ich möchte gewissermaßen durch eine unterhaltsame Geschichte mit meinen Helden in der Hauptrolle (bzw. der lustigen Nebenrolle) geleitet werden. Was ich nicht mag, sind schwierige Tüfteleien oder Situationen, bei denen ich ewig Nachdenken und dann doch nur alles falsch machen kann. Moralische Dilemmas sind mir zu anstrengend. Wenn wir hier in filmischen Dimensionen denken, dann wäre ein Drama als Rollenspiel-Abenteuer ein echter Graus.

Zitat von Dom:

BTW: Was meinst du mit „Narrativist“? Dass du gerne eine gut geplante Geschichte erlebst, oder dass du gerne beschreibst/erzählst?
Im Grunde beides. Das eine beschreibt meine Anforderungen an den Meister, das zweite könnte ich für mein Spielinteresse in Anspruch nehmen. Den Schwerpunkt würde ich hier allerdings beim ersten sehen.

Zitat von Dom:

Ich glaube aber, man kann eigene Vorbereitungen und Kaufabenteuer nur schwer miteinander vergleichen. Denn wenn ich eine Geschichte vorbereite, dann kenne ich meine Pappenheimer — sowohl die Spieler mit ihren SC, als auch meine SLC.
Dies ist gewissermaßen das Grundproblem von Kaufabenteuern. Wirklich gute Abenteuer/Szenen entstehen da, wo sie auf die Helden maßgeschneidert werden. Das kann ein offizielles Abenteuer niemals leisten. Letztlich ist es das, was das Schreiben so schwierig macht. :)
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