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DSA: Realistisches Aventurien? (Blog) {DSA, Das Schwarze Auge, Realismus, Suspension of Disbelief}
13.1.2009, 06:51
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Dom
Manche Leute leiden offenbar stark an einem Mangel an Suspension of Disbelief; sie glauben nicht einfach, sondern versuchen, die Dinge nachzurechnen und ärgern sich, wenn es dann nicht passt. Das scheint mir gerade in der DSA-Gemeinde ein sehr stark ausgeprägtes Phänomen zu sein.

* Schon vor Jahren gab es immer wieder Leute, denen Aventurien zu klein ist. Beispielsweise seien die Reisezeiten zu kurz, man könne in einer Woche von Gareth an die Trollpforte gelangen und in gerade mal zwei Wochen zu Fuß die ach so gefährliche Khom durchqueren.
* Zudem ist das Wirtschaftssystem so zerschossen, dass angeblich das normale Spiel praktisch unmöglich wird.
* Und wie sieht es mit dem Bruttosozialprodukt aus?
* Andere fragen sich, warum Aventurien so dünn besiedelt ist.
* Irgendwo habe ich auch mal eine Rechnung gelesen, dass die Fläche der Felder um Gareth zu klein seinen, um Gareth auch nur annähernd zu ernähren. Ich finde es nur gerade nicht wieder.
* Und seit einigen Wochen stellt das DereGlobus-Projekt die Frage nach der genauen Lage Aventuriens.

Werden solche Fragen/Berechnungen eigentlich auch bei anderen Rollenspielen (an)gestellt?

Ich für meinen Teil versuche absichtlich, mir erst gar keine Gedanken über solche Dinge zu machen — die Gefahr besteht nämlich, dass die Autoren und Redakteure daüber nicht nachgedacht haben, und dass Widersprüche auftauchen können. Und am Spieltisch haben mich diese Dinge ehrlich gesagt noch nie gestört…
zuletzt geändert: 13.1.2009, 10:29
13.1.2009, 09:35
Ein
Mich hat das manchmal bei L5R geärgert. Aber ich würde nicht einen solchen Aufwand darum treiben.
13.1.2009, 09:39
Elwin
Bezüglich Gareth war es glaube ich eher die Frage nach einer Wasserversorgung.
Außerdem gibt es noch die Frage: „Wie kann man sich überhaupt in der Khom verirren, wenn die umliegenden Gebirge doch alle 4-5000 Meter hoch sind und die Krümmung der Oberfläche…blablalbla“
Und damit verbunden: „Wie groß muss die durchschnittliche Steigung an der höchsten Stelle des Raschtulswalls sein, wenn er doch so schmal ist und 8000 m hoch?“

Bekannt sind mir ähnliche Fragen in erster Linie von Shadowrun. Da konnte man noch in der dritten Edition einige sehr amüsante Gewichtsangaben in der Ausrüstungsliste finden (z.B. waren die mobilen Kommunikationsgeräte 2060 offenbar wieder auf dem Stand von 1988 — oder der 10-kg-Drucker), aber auch zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage, den Konzernen und der Existenz von Shadowrunnern konnte man prima Überlegungen anstellen (leider weiß ich nicht mehr genau, auf welche Punkte sich diese Diskussionen bezogen).

Bei DSA habe ich mich persönlich auch damit abgefunden, dass manche Dinge so sind, wie sie sind. Die Besiedelungsverteilung oder die Größe der Städte (ich glaube, es haben sogar Leute nachgezählt, wie viele Häuser auf manchen Stadtplänen verzeichnet sind, um einen Nachweis zu finden, dass der Stadtplan im Vergleich zur Einwohnerzahl viel zu groß geraten ist) spielen im Spiel überhaupt keine Rolle. Dörfer sind dort, wo sie gerade auftauchen sollen.
Und die Größe der Gebirge — ja mein Gott, da haben sich halt ein paar Fehler eingeschlichen! Man kann sicherlich locker alle Höhenangaben halbieren und hätte immer noch ein stattliches Erscheinungsbild. Dann ist der Raschtulswall halt nur noch so hoch wie die Alpen — dürfte dennoch nicht viel einfacher sein, einen Gipfel zu erklimmen (gut, es gibt keine Sauerstoffarmut, keine „Todeszone“, aber dafür gibt es auch ohnehin keine Regeln).
Auch die Versorgung Gareths — die läuft einfach. Das ist fürs Spiel am Tisch mMn völlig uninteressant.

Kingdoms of Kalamar wird ja stets für sein Design der Welt gelobt. Ich habe es noch nicht gespielt, aber mich würde echt mal interessieren, ob man einen Unterschied im Spiel feststellt zwischen dem verbuggten Aventurien und dem realistischen Tellene.

Gruß
Chris
13.1.2009, 10:29
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Achim
Die Entfernungen waren uns manchmal echt zu niedrig, als wir uns noch mehr oder weniger stark an die Regionalbände gehalten haben. Da versucht man einen Ort zu finden, der weit abgeschieden ist und innerhalb von 2 Tagen ist man bei der nächsten Stadt. Reiseabenteuer werden dadurch dann zu Odysseen über den halben Kontinent.

Ich selbst hätte keine Probleme, dass zu verbiegen — aber einige der Spieler sind da eben doch DSA-Cracks, die solche Lücken dann gnadenlos ausnützen.

Die anderen genannten Dinge … DSA ist halt Simu — klar, dass sich da Leute an so etwas fest beißen. Ich glaube, es liegt daran, dass die Leute sich von den Publikationen veralbert vorkommen. DSA ist sehr auformuliert, für alles gibt es offizielle Quellen und man versucht eine sich möglichst real anfühlende Welt zu bieten. Da ist dann der Frust der Leute groß, wenn sie darauf gestoßen werden, dass es nicht ganz passt (vgl Einkommen vs Preislisten). Das setzt sich dann in solchen Threads nieder.

Ich verbleibe da lieber bei Welt-light, wo sich keiner über so etwas mockieren kann.
13.1.2009, 11:03
Grimnir
DSA versteht sich selbst in vielen Belangen als Weltsimulation — und daran wird es gemessen. Einerseites von den DSA-Spielern, die eine möglichst realistische Simulation als Spielstil bevorzugen und dann selbstverständlich die Spielwelt daran messen. Andererseits aber auch von den DSA-Gegnern, die nachweisen wollen, dass DSA seinen eigenen Ansprüchen nicht genügt.

Ich selbst zähle mich auch zu jenen, denen ein gewisses Maß an „Realismus“ und Plausibilität des Settings wichtig ist. Über die Wasserversorgung von Gareth habe ich mir zwar noch nie den Kopf zerbrochen, aber ich finde Aventurien auch zu klein. Allein das Wissen um die geringe Größe beschneidet in meinem Kopf die Möglichkeit der Spielweltexloration.

Was übrigens andere Spielwelten, beispielsweise die Vergessenen Reiche, anbelangt: Hier habe ich das Problem in keinster Weise, hier reicht mein Suspension of Disbelief absolut aus. Weil ich anderes erwarte.

Es sind einfach die Erwartungen, mit denen man an eine Spielwelt rangeht. Und die tendieren in Aventurien nunmal in Richtung „Realismus“.

Es grüßt
Grimnir
13.1.2009, 12:10
Greifenklaue
Das Phänomen begegnet einem tatsächlich meistens im Zusammenhang mit DSA. Interessante Frage, warum das so ist…
13.1.2009, 12:10
ragnar
Mir ist DSA nur bei den Entfernungen bitter aufgestoßen, denn Reiseabenteuer gehören zu DSA (und „Erforschen“ für mich zum Rollenspiel) irgendwie dazu, und wenn man doch eh jeden Abend an einem Dorf halten kann wird das irgendwie witzlos.

Aber nicht nur Aventurien hat mit solchen Simulanten zu kämpfen:

-Zu D&D habe ich z.B. früher oft gehört das die Forgotten Realms ein zu starkes Sammelsorium verschiedenster Länder sind (Kann ich weder verteidigen noch bestätigen, mir war die Welt immer ZU magisch) und schlauen Leuten die die Ausrüstungsliste studiert haben, mutmaßten das man den Wert von Kochttöpfe verdoppeln kann indem man sie zu Eisenbarren umarbeitet(Was wohl stimmte).

-Auch meine Suspension of Disbelief leidet stark wenn ich mir ansehe wenn in einer Welt Bronze-Zeit-Römer und Renissance-Franzosen und Düsteralter-Deutsche quasi ein Dreiländereck bilden und ihre „Identität“ erhalten ohne voneinander abzugucken (Arcane Codex).
13.1.2009, 13:35
Grabstein
Von allen „Problemen“ mit dem „realistischen Aventurien“ sehe ich auch nur die geringen Entfernungen als problematisch an. Ob per pedes, beritten oder mit der Kutsche, man kommt immer ziemlich weit, im zentralen Mittelreich findet man immer eine Unterkunft oder gar Herberge. Und in einer magischen Welt mit magischen Bewegungsformen wie Fliegen, Teleportieren, sonstwie Reisen ist die „Reichweite“ noch größer. Da musste ich schon bei manchem Hexenbesen und wild-auf-mörderischem-Eilritt alles geben nicht nur um einen Plot zu retten, sondern auch einfach um noch mitzukommen.
Andere Fragen nehme ich lieber als Herausforderung (Problematik: Wieso ist die Khom so gefährlich und man sieht die Bergipfel nicht) um mir eine von Mystik strotzende Pseudo-Erklärung auszudenken, die den Spielern noch mehr Spielspass in der Khom bringt. Oder ich finde sie einfach als nicht relevant genug um meinen Spielspass zu haben (Versorgungslage von Stadt XY, Verhältnis Kartenhäuser zu Einwohnerzahl, usw.).
Das ist natürlich nur meine Meinung, es kann ja trotzdem sein das andere sowas stört. Das ist auch gut so, und eigentlich finde ich es auch recht witzig und interessant wenn jemand solche Widrigkeiten feststellt. Das einzige was mich an der Situation stört, ist das was Greifenklaue festgestellt hat: Warum sieht sich offenkundig besonders DSA in dieser Hinsicht Kritik ausgesetzt?
Im Zuge der entstehenden Diskussionen kommt von einer Seite meist eine Relativierung, dass diese Probleme auch in anderen Systemen vorgekommen sind und weiter vorkommen werden (Schwerter zu Pflugscharen, Kochtöpfe zu Eisenbarren). Von anderer Seite wird meist über die schiere Anzahl solcher „Fehler“ Aventurien detailreich zerpflückt. Einen besonderen Mehrwert erbringen die Diskussionen meist recht schnell nicht mehr. Besonders die Kritikerfraktion bringt als Argument vor, DSA hätte durch hohen Detailreichtum einhergehend mit komplexer Verregelung einen Simulationsanspruch. Das sehe ich nur leider gar nicht so. Deshalb wollte ich als erstes Mal fragen, ob jemand da ein „offizielles“ Statement zu kennt (und findet, ich offensichtlich nicht ;) )? Das DSA ein komplexes Regelsystem hat, die ich auf gar keinen Fall alle „drauf habe“ und Aventurien sehr detailreich ausgestaltet hat sind doch keine Gründe für eine Einstufung als Simulation o.Ä… DIe Art der Argumentation erschliesst sich mir einfach nicht. Die „Stärken“ von DSA liegen im erzählerischen, sprachlichen. Auch wenn viele Angebote für Freunde von Simulation und Realismus vorliegen, besteht doch kein Anspruch in irgendeiner Form.

BORon erleuchte mich, denn ich bin verwirrt!
Grabstein
zuletzt geändert: 13.1.2009, 13:36
13.1.2009, 16:35
Gast
ich würde mal sagen das offiziele Statement ist einerseites der „fantastische Realismus“ andererseits lässt sich der Simulationsanspruch natürlich auch aus der Konkretheit der Angaben ableiten. Wenn man halt schreibt der Berg ist 5200m hoch, dann ist das ein anderer Anspruch als wenn man einen Berg nur als sehr hoch definiert.
13.1.2009, 19:30
><
DSA lädt wahrscheinlich durch seine eher dichte Beschreibung zu derartigen Spekulationen ein.
Ich muss allerdings sagen, dass mich derartige Überlegungen selbst in meiner hardcore-DSA Zeit, in der ich noch alle Regeln aus dem FF kannte und problemlos über die aktuelle politische Situation eines beliebigen Landstriches referieren konnte, nicht gereizt haben.

Die dinge wurden so als gegeben genommen, wie sie waren und wenn es mal ein Glaubwürdigkeitsproblem gab, habe ich das eher wie Grabstein gelöst und mir was erklärendes ausgedacht.

Zu den Entfernungen:
Meiner Erfahrung nach sind Reiseabenteuer, bei denen jeden Tag etwas passiert, relativ unglaubwürdig und überfrachtet und Reiseabenteuer, in denen nicht viel passiert, eher langweilig.
Daher sind mir die kurzen Abenteuer ganz recht. Wenn ich die helden in eine reisetypische Problemlage bringen möchte, sind mir auch kurze Entfernungen kein Hindernis.
Schlechtes Wetter, von der Straße abgekommen? Und schon hat man es.

><, man kann sich auch im eigenen Keller verlaufen
14.1.2009, 09:21
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Dom
Hm, ja, wahrscheinlich ist die Behauptung „phantastischer Realismus“ ein Auslöser für solcherart Untersuchungen.

@Shadowrun: Das Spiel vermittelt ja auch irgendwie das Bild einer Welt, die realistisch sein soll. Und wenn dann solche Dinge wie das Gewicht von bekannten Dingen überhaupt nicht passen, dann ist das schon blöd, irgendwie. Zumal das ja auch beim Spiel direkt auffällt.

Ansonsten sind das noch schöne Beispiele zu DSA! Das mit der Wasserversorgung kannte ich noch nicht, und auch das mit den Häusern ist lustig. Auf der anderen Seite habe ich mich, wenn ich einen Stadt- oder Dorfplan gezeichnet habe, immer gefragt, wie viele Häuser ich denn für die angestrebte Einwohnerzahl brauche.

@Entfernungen: Das Argument mit der abgeschiedenen Siedlung verstehe ich zwar, war bei uns aber trotzdem bisher irgendwie nie ein Problem. Sowas hatten wir in Nostergast, und da ist eine Entfernung von mehr als zwei Tagen auch nicht so schwierig. Aber klar, wenn man ein wirklich abgeschiedenes Dorf braucht und es irgendwo da haben möchte, wo die Helden sind, dann ist das blöd.
Andererseits kann ein Dorf auch locker tagelang durch schlechtes Wetter von der Außenwelt abgeschnitten sein. Ich erinnere mich da an den Stum Kyrill — da war ein Campingplatz, der direkt neben Clausthal liegt, einen Tag lang unerreichbar. Und das in heutiger Zeit!

Das Argument mit den Reiseabenteuern verstehe ich allerdings nicht so ganz. Wie sieht denn ein Reiseabenteuer aus, bei dem man als SL gezwungen ist, die Spieler „über den halben Kontinent“ zu schicken? (Okay, Phileasson ging um den ganzen Kontinent — jedoch war das auch als Rundreise geplant!) Entdecker-Abenteuer kann man auf Aventurien nicht (mehr) gut spielen, das stimmt. Das könnte man aber auch nicht, wenn die Welt grßer wäre. Das liegt im Wesentlichen an der dichten Beschreibung und der Tatsache, dass „an jeder Ecke ein Dorf ist“.

@Kochtöpfe: Solche Rechnungen sind witzig :) Allerdings ist das im Spiel irrelevant, oder? Ich habe davon jedenfalls noch nichts gemerkt.
14.1.2009, 09:42
Thamor
Kurz was zum DereGlobus Projekt und die suche nach der genauen Position Aventuriens:
Ich denke nämlich, das dieser Punkt unberechtigt auf deiner Liste oben steht, denn wir suchen nicht ein möglichst realistisches Aventurien zu generieren, sondern ein möglichst offizielles! Trotzdem möchte ich nicht verhehlen, dass meine zuerst geplante Umsetzung von Aventurien in DereGlobus eine doppelt so große Ausdehnung gehabt hätte, da auch mich die niedriegen Reisezeiten und die klimatische Sonderrolle Aventuriens auf Dere etwas stört.
14.1.2009, 12:14
Grabstein
Die Argumentation unseres Gastes ist genau der Ansatz, den ich meinte. Einerseits der phantastische Realismus, dazu die Konkretheit der Angaben. Zuerst zu letzterem: Wenn definiert wird, ein Berg sein 5200m hoch, hat man eine Angabe, an die man sich konkret halten kann, das ist richtig. Diese ist trotzdem noch eine recht grobe Einteilung, die an sich und allein keinen Anspruch auf simulatorischen Mehrwert hat. Man kennt die Höhe bis zum Gipfel (von wo aus auch immer). Nun kann man zB grob schätzen, wie lange man fliegend, reitend oder kletternd zum Gipfel braucht. Ob dieser Berg geologisch überhaupt in die Gegend passt (zu hoch, zu tief, falsches Gestein) wird absichtlich ausgeklammert. Erzählerisch wird der Berg mit Inhalt gefüllt. Vegetation, Tierzeuch, Wetter, Gefahren werden beschrieben, ohne dass die Höhe des Berges eine entscheidende Rolle spielt. Zusätzlich ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass das Längenmass bei DSA nun mal Schritt ist. Die Formulierung hat mich erst gestört, aber eigentlich bietet sie einen entscheidenden Vorteil. Meter und Kilometer sind exakte Größen unserer Zeit, Schritt und Meile nicht. Schritt ist schön ungenau. Ein circa 10 Schritt hohes Gebäude bietet in der Vorstellungskraft jedes Spielers einfach mehr Möglichkeiten. Die Einordnung zwischen „eine 11,5m hohe Fassade“ und „eine imposante Fassade“ kann jeder selbst vornehmen.

Ach, der phantastische Realismus. Wie häufig wird die Behauptung vollkommen beliebig als Argument verwendet? Für mich ist der ganze komplex eine Grauzone, die jede Runde anders ausfüllt. Manga-lastige Schwertmeisterhelden mit 2 Waffen sind unter phantastischem Realismus ebenso denkbar wie das ultrareale DSA-dirt Szenario, in dem ein Schnupfen ein Heldenleben beenden kann. Es geht doch nur darum, dass Grenzen gesetzt werden, sonst um nix. Genauso gibt es eine realistische Phantastik, die genauso funktioniert. Realismus und Phantasie haben grobe Grenzen, und dazwischen wird gespielt. Versucht man dieses graue dazwischen möglichst gross zu halten ist es immer ein Spagat. Die einen rufen nach noch mehr Einwohnerzahlen, Truppenstärke und grösser, höher weiter in möglichst jedem Detail. Die anderen wollen mehr fluff, bessere NSCs, was anderes halt.
Klar gibt es ein paar Sachen, die sich mit phantastischem Realismus schwer verbinden lassen, aber was das genau ist, kann kein Einzelner von sich heraus definieren. Ich vermisse da ein bisschen Grosszügigkeit gegenüber anderen bei solchen Diskussionen.

Grabstein
zuletzt geändert: 14.1.2009, 12:15
14.1.2009, 17:29
Belfionn
Es mag sein, dass diese Beobachtung vor allem auf DSA zutrifft, noch mehr aber glaube ich dass sie hauptsächlich ein Problem der Internet-Foren-Gemeinschaft ist. Wer so viel Zeit mit seinem Hobby verbringt, dass er stundenlang am Tag in Büchern nach solchen Details suchen kann und sich mit anderen darüber austauscht, der mag über solche Kleinigkeiten stolpern, sie hervorheben und kritisieren.
Aber ich behaupte, dass das
a) vor allem den Meistern auffällt, die sich sämtliche Texte genauestens durchlesen und auf Widersprüche stoßen können (und die sich wohl auch vermehrt in Foren herumtreiben) und
b) dass das scheinbare Problem im Spiel gar nicht auftritt, weil die Meister, denen es bekannt ist, es irgendwie umgehen können und die Spieler ja nicht das Abenteuer lesen und so nur die vom Meister gefilterten Informationen erhalten. Und wenn der Meister dann verschweigt, dass man von der Mitte der Khomwüste die Gebirge sehen könnte, na dann wird auch kein Spieler auf die Idee kommen, da in seiner Vorstellung von Wüste nunmal ewig weite Sanddünen vorherrschen. Spieler konzentrieren sich am Spielabend in der Regel auf andere Dinge (Plot, Charakterdarstellung) als mögliche Inkonsistenzen nachzurechnen.

Meiner Erfahrung nach wird es höchstens im Kampf schwierig, wenn jemand mit z.B. LARP-Erfahrung („Hast du schon mal versucht einen Zweihänder hochzuheben?“)andere Maßstäbe anlegt als ein Actionfilmjunkie („Robin Hood kann auch mehrere Pfeile gleichzeitig abschießen!“) oder ein Regelfetischist („Du willst einen gefesselten/schlafenden Ork die Kehle durchscneiden? Na dann würfel mal eine Attacke. Ach ja, der Dolch macht auch nur 1W+2 Schaden, der kann ja gar nicht sterben.“). Aber bei normalen Weltbeschreibungen tritt das Problem im Spiel selten auf.

Interessant wäre außerdem gewesen, wie das Rollenspiel zur Gezeitenwelt ausgesehen hätte. Denn einerseits sollte diese ja sehr realistisch sein (in Zusammenarbeit mit Geologen erstellt usw.), andererseits arbeiteten da auch nur Ex-DSA-Autoren mit. Ob sie aus ihren Fehlern gelernt hätten? Aber das werden wir wohl nie erfahren.

Belfionn
14.1.2009, 17:48
Palin
Ich weiss warum: Weil in unserem Hobby doch alle irgendwie Nerds und Geeks und so sind! Die kümmern sich halt einfach um sowas! ;)
14.1.2009, 19:37
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Dom
*g*
15.1.2009, 09:27
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Jens
Vielen Dank übrigens Belfionn… die ersten beiden Sätze deines Postings haben mich spontan den Laptopdeckel zuklappen lassen und ich bin erstmal spazieren gegangen :-D

Jens, manchmal mit Schüben nachlassender Nerdigkeit
15.1.2009, 17:45
Nardo
Ja, Frischluft ist manchmal was Feines ;o)

Aber um nicht zu schnell Entzugserscheinungen zu bekommen: Meine Lieblingsanekdote zum Thema Weltsimulation ist immer noch eine Kuriosität aus Earthdawn. Dort gibt es ja die insgesamt für die anderen Völker als recht nervig beschriebenen Windlinge. Wie gut zu wissen, dass jene nach der entsprechenden Völkerbeschreibung monogame Paare bilden, die für gewöhnlich im Laufe ihres Lebens *ein* Kind bekommen — eine Rasse mit Halbwertzeit, ob das die Autoren wohl so beabsichtigt haben? :o)
Am Spieltisch fällt sowas freilich auch nicht groß ins Gewicht.

Gruß,
Lars
15.1.2009, 18:25
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Dom
Nardo, das passt doch zu Shadowrun (was ja in demselben Universum spielt, nur ein paar tausend Jahre später). Da gibts keine Windlinge ;)
15.1.2009, 19:04
><
@ Dom

Nach dem Jahr des Kometen und SURGE wäre ich mir da nicht mehr so sicher ;-)

><, was gut ist kommt wieder — das Schlechte meist auch
2.2.2009, 17:38
Heshinyazia
Ich habe noch kein anderes SimulationsRP gespielt außer DSA, und ich handhabe das wie Dom angesprochen hat:

Isolation kann auch durch Wetterphänomäne (oder magischen Einfluss) simuliert werden. Ich habe einen sehr großen Eindruck von Aventurien, sowohl als Spieler als auch als Meister. Sicherlich ist die Entfernung Punin — Fasar gering. Aber für normale Reisende gibt es trotzdem nur die Möglichkeit mit einer Karawane zu reisen, wenn man nicht von Ferkinas, schlechtem Wetter und anderem behelligt werden will. Und die startet eben nicht täglich sondern nur alle drei Monate. Irgendwie glaube ich das Entfernungen in Aventurien so subjektiv sind, und eher in Zeit als in Meilen gemessen werden. zB in der Zeit, die eine Region im Entwicklungsstand der nächsten vorraus hat. Wie im Traum, in dem man die Zeit ja auch viel komprimierter warnimmt, man kann in 5 Minuten einen ganzen Tag oder noch mehr träumen, was jeder weiß, der schon mal in der Straßenbahn eingenickt ist… oder? Ich kann das irgendwie nicht besser beschreiben.

2.2.2009, 17:50
Heshinyazia
Außerdem bekommt Belfion meine Zustimmung: Problematisch wird dies nur dann wenn die Vorstellungswelt der Spieler aufgrund verschiedener Erwartungen oder Erfahrungen aufeinanderprallen und man dann keinen Kompromiss finden kann. Erfahrungsgemäß ist dies innerhalb des Rollenspiels viel weniger der Fall als — ja — in der Internetcommunity oder aber beim Reden über das Rollenspiel.

Ganz schlechte Erfahrungen habe ich dahingehend jedoch mit den Rollenspielern der World of Warcraft gemacht, vor allem deshalb, weil es keine homogene Gruppe gibt, mit der man einen Konsens finden kann (waren das die Impliziten Regeln?). Vom absoluten Ausblenden der Spielwelt, drastisches Ausnutzen reiner Spielmechanik oder Überinterpretation habe ich da alles schon erlebt, zumal es meines Wissens sogar Diskussionen darüber gibt, was zum Hintergrund gehört und was nicht, was bei DSA auch gelegentlich der Fall ist, aber weniger.
17.2.2009, 20:46
Eran
„Die „Stärken“ von DSA liegen im erzählerischen, sprachlichen.“
Genau, Grabstein! Deswegen spiele ich gerne DSA.

Und die Kritik die DSA wegen seiner Genauigkeit und auch Regelfülle zu Teil wird ist sicher auch dadurch begründet, dass sich DSA diesen Schuh selbst anzieht, weil es in diesen Belangen extrem ist. Das es dazu keine offiziellen Statements gibt ist daher sicher nicht unklug.

Kritiker können ja dann gerne das Spiel das ich hier nicht nennen will spielen und sind dann ja selbst schuld dran. Diesen Frevlern macht das aber wahrscheinlich auch noch Spass, OmG!! ;) Und ein Spieler des Spiels dessen Namen ich nicht nennen will meinte die Abkürzung DSA stehe für „Das spielen andere“ oder „Der schlechte Abend“ oder „Deutsche spielen Alles“. Mir scheint als haben solche Leute auch über gewisse Schwächen des eigenen Fantasy-Systems hinweg zu täuschen.

Was die Entfernungen angeht kann ich mich >< anchließen.

Ich selbst spiele gerne in einer bestimmten Region Aventuriens und reise nicht so „weit“, da sich das für mich realistischer anfühlt und mein Held nicht einen Kulturschock nach dem anderen erlebt. Bisher habe ich auch viele andere DSA-Spieler getroffen die auch gerne längere Zeit eine bestimmte Region bespielen. Das machen ja auch die vielen Kaufabenteuer die es zu jeder Region gibt leicht. Deswegen gefällt es mir jene gute Ausarbeitung von DSA.

Was die umfassende Menge an DSA-Hintergrund und -Regeln angeht muss ich aber leider sagen, dass mich dies bisher davon abgehalten hat DSA zu meistern. Das liegt auch daran, dass ich nur das Basisregelwerk und „Aus Licht und Traum“ besitze und besitzen möchte und ich fürchte der typische DSA-Spieler erwartet mehr Regelfestigkeit und Hintergrundkenntnisse. Einen Regionalband zu der Region in der ich leiten würde ginge bei mir zeitlich sicher schon noch, aber die schier unendlich anmutenden Regelberge gehen nicht. Ich leite jetzt schon seit über zehn Jahren Rollenspiele (meist Shadowrun und Cthulhu)und bin erst seit kurzem (vor2Jahren), als Spieler, zu DSA zurückgekehrt und noch nicht geleitet. Bei meinem Lieblingsspiel „Mage“ habe ich aber auch erst nach vier Jahren als Spieler angefangen mal zu leiten. Dies lag aber eher am Magiesystem und daran, dass der andere Spielleiter der vorher geleitet hat die Messlatte recht hoch zu legen vermocht hat, nicht an den Regeln oder dem Hintergrund.
27.2.2009, 17:29
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berlin
Gut!
8.6.2009, 15:12
JensN aka Eran
Nun leite ich doch DSA. Wir spielen in den Tulamidenlanden.
Die Athmosphäre gefällt mir dort sehr gut und ich habe mir auch das Quellenbuch gekauft. Gespielt werden modifizierte Abenteuer aus Basargschichten.

Was den Realismus angeht, wenn man in diesem Sinne überhaupt von Realismus sprechen kann, ist hier die Ahnlehnung dieser Gegend an den Orient zu nennen. Es ist ja eine Fantasy gegend und sie ist authentisch, aber doch sehe ich die Bezüge zu den Orten an denen in unserer echten Geschichte geklaut wurde.

Da fällt mir auf, dass z.B. die Nahrungsgebote Rastullahs leicht als Verarschung der Nahrungsgebote von z.B. Muslimen zu verstehen sind. Nichts essen was lange Ohren hat! Haha. War ein lacher in meiner Runde. Die suspension of disbelief funktioniert also einwandfrei. Novadis sind arrogant oder rachsüchtig, na klar. Da bin ich nicht der einzige in meiner Runde dem das aufgefallen ist, aber wer will denn schon so genau sein. Spannend ist es trotzdem.

Wer noch weiter geht sieht in den krummen Nasen der Goblins bei Warhammer eine Karrikatur von Juden wie sie vor 70 Jahren en vogue war.

Ein hoch auf die suspension of disbelief auch in der Realwelt, denn was braucht man laut Mark Twain um erfolgreich zu sein:
Unwissenheit und Selbstvertrauen!
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