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RPG allgemein: Oldschool SL-Stil
17.9.2013, 17:39
JensN
Moinsen,

jeder Spielleiter hat seinen eigenen Stil. Wie ist es mit genrebezogenem Spielleiterverhalten? Bzw. leitet ihr Oldschool anders? Wenn ja, wie leitet ihr Oldschoolspiele, wie z.B. Labyrinth Lord?

Hat jemand von euch schon in den 70ern und 80ern gespielt oder geleitet und kann berichten, was damals anders war. (Vielleicht bei DSA1.)

Ich stelle mir das LL immer so vor, dass ich als SL durchaus gegen die Spieler spiele, aber wie ist es z.B. mit Improvisation? Wenn ein Spieler meint, dass er sich am berühmten Kronleuchter entlang schwingt, den ich als SL allerdings nicht beschrieben habe, dann würde ich das zulassen, weil es cool ist. Hätte es das damals auch schon gegeben? Sicherlich, oder?

Ich stelle mir Oldschool reicher an Improvisation vor, da ja weniger Regeln im Weg sind. Liegt dieser Freiraum jedoch allein in den Händen des SL. Kommt mir oft so vor und ist durchaus auch ganz angenehm, das letzte Wort zu haben. (Hierbei muss ich auch an Tunnels&Trolls und die Runde meines Kumpels Craulabesh denken.)

Vielleicht kann mir ja jemand aus seinem reichen Erfahrungsschatz diese Fragen beantworten. Wäre supi.

Spielerische Grüße,
Jens
17.9.2013, 20:18
E-Mail
Dom
Das alles ist schwer zu sagen. Damals war ich 12 oder 13, ich hatte die DSA1-Basisregeln bei einem Kumpel kennengelernt und mir die wichtigsten Regeln notiert. Und wenn man dann da durch einen quadratischen Wald gelaufen ist der durch Wände begrenzt wurde, war das auch egal.
Und danach haben wir im Wesentlichen Kaufabenteuer gespielt (ich erinnere mich z.B. an Das Schiff der verlorenen Seelen, Durch das Tor der Welten und auch Der Purpurturm). Wie wir das damals mit Improvisation und Freiheit im Spiel gehandhabt haben, vermag ich nicht mehr wirklich zu sagen.
18.9.2013, 08:48
Der Mönch
Mir geht es ähnlich wie Dom, es ist schon so lange her. Altersbedingt (wir waren jung und hatten kein Geld) war das Spielleitern auch von Machtfantasien geprägt, die gegenüber den Mitspielern ohne Scham ausgelebt wurden (Dein Charakter ist tot — Warum? — Weil ICH es sage, hahahaha).

Wir haben vor allem Kaufabenteuer gespielt und sind ziemlich stark Zug gefahren.
19.9.2013, 18:39
><
Eine DIN A4-Seite Karopapier. Beliebige Räume ohne Rücksicht auf innere Logik zeichnen. Monster freihändig verteilen.
Losspielen.

Heldentode waren selten, die Machtspirale führte zu immer stärkeren Helden, besserer Ausrüstung, fieseren Monstern…

Hat trotzdem Spaß gemacht… Heute wollte ich so auf Dauer nicht spielen…

Gegeneinanderspielen war bei uns allerdings nie sehr verbreitet… eigentlich sogar verpönt… Teamwork eigentlich schon gegeben, das Gefahrenlevel war aber anders als bei Labrinthlord nie so hoch, dass man ausgefeilte Gruppenstrategien entwickeln musste…

Wir haben uns dann irgendwann auf Machtbeschränkungen geeinigt, was dann dazu führte, dass man „realistischere“ Gefahren verwenden konnte…
Und die Kaufabenteuer gingen auch immer weiter vom Dungeoneering weg…

><, das waren noch Zeiten
25.9.2013, 10:36
JensN
Das ist interessant. Mit DSA1 Habe ich natürlich nicht angefangen, aber als ich mit 12-13 Jahren angefangen hatte, mit dem damals aktuellen DSA, war es nochmal anders. Wir haben keine Vorgefertigten Abenteuer gespielt und recht frei als SL improvisiert wie es weiter gehen könnte. Als Vorbereitung hatten wir nur ein grobes Gerüst an Plot. Es sind nicht wirklich komplexe Plots gewesen, war aber auch gar nicht nötig. Was die Regeln angeht haben wir uns auch eigene ausgedacht und auch eigene Gegenstände, aber alles nicht besonders übertrieben und passend. Oft haben wir auch nur zu zweit spielen können, weil wir nicht genug Leute waren und dann wurde noch freier gespielt. Später kam dann Shadowrun dazu und das Powergaming wurde entdeckt, Regeln ausgenutzt, aber meist bei der Charaktererschaffung, viel EP gab es wieder nicht, was ich im Nachhinein ganz gut finde.

Eine Machtspirale oder Charaktertode hatten wir fast gar nicht.

LL ist dann doch etwas eigenes, das ich dann wohl weiter neu interpretieren werde, wie ich es mir als Oldschool vorstelle.
26.10.2013, 10:23
JensN
LL ist mit jeder Gruppe anders. Gestern hatte ich eine Runde die über jeder Kleinigkeit diskutiert hat und bei der die Battlemap zu noch mehr Diskussionen führte — manche Tabletopspieler am Tisch sind besonders.

Dabei hatte unser Tabletopper das große Glück einen Gürtel der Riesenstärke zu finden. Und was macht er damit? Er stellt seinen Charakter in die zweite Reihe, weil er schiss um ihn hat(trotz noch hoher HP) und ein anderer Char. beisst ins Gras, was hätte verhindert werden können. *Kopfschüttel*
26.10.2013, 13:14
rillenmanni
Ja, bei LL erkennt man schnell, wer gruppendienlich spielt! :) Da trennen sich Spreu und Weizen.

Notiz an uns: Auf dem nächsten Metstübchen wieder LL spielen!
27.10.2013, 17:08
Purzel
Ich habe damals Stunden damit verbracht Gebäudegrundrisse zu zeichnen und jedem Raum ein anderes Merkmal zu geben; mal waren es Gegner, dann wieder Fallen, ein Hindernis, versteckte Schätze oder etwas Magisches. Irgendwie achtete ich damals besonders darauf, dass für die üblichen Charakterklassen (DSA 2, denke ich) gleichmässig viel Spannendes los war und die Art der Herausforderungen fair verteilt waren.

Tiefgang hatten meine selbsterdachten Plots nicht (wie auch viele der ersten Kaufabenteuer). Brauchten wir aber auch nicht, weil die Spielercharaktere schon selbst für Unterhaltung sorgten: Drama, wenn die Lebenspunkte knapp wurden oder etwas Wichtiges nicht gelang; Humor, wenn etwas unglaublich daneben ging oder eine bekloppte Idee trotzdem funktionierte; Schauspielerei, wenn man In-Charakter miteinander sprach.

Was meine ersten Gruppen wenig kümmerte war: Taktik (immer nur feste druff), Spielbalance (gedankenlos Hausregeln und Powergaming, YOLOYOLO!) oder Stimmung und Aventurische Geschichte präzise nachspielen (lieber wichtige SL-Figuren umhauen und Plots sprengen).

Unsere Abenteuer-Herausforderungen waren schwierig, aber wir haben keine Random-Instant-Death Elemente verwendet, das schien uns nicht fair. Entsprechend krass und unangenehm waren daher unsere ersten Kontakte mit AD&D und Spielleitern, die einem einfach ohne Vorwarnung den Charakter wegknallten.

Super ätzend waren schwere Rätsel, die die Spieler direkt ansprachen, und nicht die Fähigkeiten der Spielfiguren. Oder Rätsel, bei denen irgendein unscheinbares Detail (eine Farbe, eine Form, ein Name) Stunden später wichtig war. Auch hier wieder eine Anforderung an mentale Kapazitäten der Spieler, nicht den Charakteren.

Damals war ich meistens der Spielleiter, also gab ich häufig auch den Ton an, wie gespielt wurde. Wenn ich Oldschool als Spieler spielte, dann meistens einen Kämpfer mit vielen Lebenspunkten oder einen magiebegabten Supporter.
17.12.2013, 11:33
JensN
Für LL habe ich mal ein paar Hausregeln entworfen:

Für die SC-Erschaffung würde ich Dom's-Erschaffungsmethode nutzen (Jedes Attribut hat von vorneherein 3 Würfel zugeordnet, von denen einer eine 2 und einer eine 5 zeigt und der dritte später gewürfelt wird. Weiterhin werden 6 zusätzliche Würfel den Attributen nach belieben zugeornet und nach der Zuordnung wird für jedes Attribut gewürfelt, d.h. der eine Würfel den jedes Attribut hat, plus evtl. weitere die man frei verteilt hat. Für jedes Attribut werden die 3 höchsten Würfel gewertet und addiert, um den Attributswert zu erhalten. Da jedem Attribut schon eine 2 und eine 5 Zugeornet ist, ist der schlechteste mögliche Wert eine 8.) Vielen Dank nochmal an Dom für diese tolle Idee!

Der Zufall beim ermitteln der HP wird ebenfalls entschärft: Auf Lvl1 bekommt man volle HP. Auf den folgenden Lvl würfelt man, bekommt aber mindestens den abgerundeten Erwartungswert des Wurfes dazu, sollte man schlechter Würfeln.

Meine eigenen Hausregeln beziehen sich auf optionale Fertigkeiten-Regeln:

Wie gehabt unterwürfelt man Attribute.
Zusätzlich zu den Attributen erhalten die Klassen Berufe (bis auf den Kleriker und den Magier, dazu komme ich später).
Für alle Proben die mit dem Beruf zu tun haben bekommt der SC einen Bonus in Höhe seiner Stufe auf seine Fertigkeiten-(Attributs-)probe.
Der Dieb bekommt diesen Bonus zusätzlich zu einem Beruf auch für Diebesfertigkeiten (dies ersetzt die original-Regeln).
Der Kleriker bekommt den Bonus, wenn es um klerikale Belange geht, d.h. alles was mit Religion, Göttern und evtl. anderen Ebenen zu tun hat.
Der Magier bekommt den Bonus für allen arkanen Kram.

Wahrnehmungsproben sind nun Intelligenzproben.

Proben können erleichtert oder erschwert werden und ein entsprechender Bonus findet Anwendung: leicht -5, mittel +-0, hart +5, extrem +10.

Der Magier bekommt entweder ein Familiar oder einen Arkanen Ring (Bonded Object, wie bei Pathfinder). Der Familiar ist ein kleines intelligentes Tier (Int8) in dessen Sinne oder Körper der Magier schlüpfen kann und zu dem er eine Telepathische Verbindung hat. Der Arkane Ring erlaubt es dem Magier, einmal pro Tag, einen beliebigen Zauber aus seinem Zauberbuch zu sprechen, ohne ihn vorzubereiten. (Diese Hausregel habe ich eingeführt, damit der Magier auf niedriegen Stufen attraktiver wird, da ich beabsichtige die SC langsam aufsteigen zu lassen und wir meist seltener spielen als früher).

Außerdem möchte ich mit den LL-Regeln auch andere Abenteuer spielen als reine Dungeon-Crawls. Ich habe einen riesigen Vorrat an Detektivabenteuern, da dies eines meiner Steckenpferde ist und kann davon einige gut auf auf Fantasieabenteuer umbauen. Dazu brauche ich ein einfaches und tödliches System (sonst habe ich immer Cthulhu oder die nWoD mit menschlichen SCs genommen). Dem kommt LL schon viel näher als z.B. das aktuelle DSA oder Pathfinder. So kann mehr Spannung erzeugt werden, weil es tödlicher ist und die Lösung der Plots kann sich nicht durch Superkräfte vollziehen, sondern es muss selbst nachgedacht und recherchiert werden. Und dann brauche ich noch eine große Stadt für meine Detektivplots, d.h. einen Moloch den ich im Setting ansiedele. Gedacht ist das ganze dann als Sandbox, in der mehrere Plothooks ausliegen und die Spieler dann der Spur nachgehen können, die sie am meisten anspricht. Ein wenig wollte ich auch weg von bunter EDO-Fantasy, hin zu mehr Sword&Sorcery oder Mittelalter und sehr wenigen Elfen, Zwergen und Halblingen, wie z.B. bei Harnmaster.

Neben Monster EP und Gold-EP bekommt jeder SC 100EP für jede gespielte Stunde außerhalb des Dungeons (oder vielleicht generell jede gespielte Stunde?) und 500 EP für jeden gelösten Plot, bzw. 500EP pro Abend, falls der gelöste Plot sehr komplex war.

Eine interessante theorethische Frage ist, ob das nun noch oldschool ist?

Alternattiv zu LL mit Hausregln könnte ich mir evtl. auch das neue D&D vorstellen, welches wohl in ca. einem halben Jahr erscheinen wird, aber da befürchte ich schon wieder extremes min-maxing von Seiten der Spieler, was ich nicht mag und ein doch zu komplexes System. Andererseits finde ich das Kampfsystem von D&Dnext durchaus klasse und sehr spannend (zumindest auf niedrigen Leveln — wir hatten mal einen Playtest gespielt).

Was meint ihr zu diesen Ideen?
18.2.2014, 17:11
E-Mail – WWW
Craulabesh
Hallo allemiteinander, hi Jens ;)
Das erwähnte Abenteuer kommt mir doch bekannt vor ;) Ein etwas indirekter Weg, aber zum Thema Spielleiter gegen Gruppe ist mir ein guter Post con Courtney Campbell aufgefallen. Die Quintessenz: ganz gegen die Gruppe geht es natürlich nicht, dann vergessen die Charaktere nämlich ständig lauter Details, machen wegen Missverständnissen lauter Dinge, die komplett dumm und in der Welt unrealistisch sind. Also der Spielleiter steht in der Verantwortung, wichtige Diskrepanzen bei den Vorstellungen der Fiktion ausfindig zu machen. Hier der ganze Post: http://craulabesh.wordpress.com/2014/02/18/ein-spielleitertipp-der-die-beziehung-zwischen-spielleiter-und-spieler-betrifft/

Zu deinem letzten Post: Detektivabenteuer in einer Sword & Sorcery — Stadt klingt saugeil. Erst wollte ich dir Zaks Vornheim City Kit vorschlagen, das wäre dann so was wie Newhon von Fafhrd und der Mauser, ich stelle mir jetzt aber eher etwas Conan-eskes vor, also Sandstein und Lehmziegelstädte, Basare, Tempel, verbotene Stadteile, Türme, Priester, Kulte und militärischer Adel. Ein Detektivabenteuer wäre darin ziemlich geil und etwas, was man so noch nicht erlebt hat.

Liebe Grüße!
RPG allgemein: Oldschool SL-Stil
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