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18.6.2007, 23:44
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Dom
Nachdem ja in den letzten Monaten ARS-Blogs wie Pilze aus dem Boden schossen, schlagen nun offenbar die Leute zurück, die Immersion oder, wie es jetzt neuerdings genannt wird, Intensität, hochhalten. Nachzulesen ist u.a. eine Diskussion von Myrmidon und Norbert Matausch (da hatte ja auch Elwin drauf verwiesen). Ich könnte jetzt auch noch 2—3 aktuelle Threads aus dem GroFaFo zitieren, lasse es aber.

Zunächst zum Begriff Intensität: Ja, ist toll. Ist ein Begriff, der weitreichender ist, als die unklare Immersion und fasst damit sowohl die unterschiedlichen Auffassungen von Immersion zusammen wie auch ein Flow-Erlebnis. Es geht um die emotionale Beteiligung an der gemeinsamen Vorstellung. (Und noch eine Anmerkung: Der Immersion definierende Artikel enthält nicht direkt Aussagen für oder wider ARS; die Diskussion dazu schon).

Was sage ich nun zu ARS vs. Intensität? Ich will hier Weisheiten wiederholen, die nur sehr langsam in diverse Köpfe vordringt:
  1. Rollenspiel und Rollenspiel sind verschiedene Spiele, die alle im Wesentlichen gemeinsam haben, dass sie nicht nur auf Spielregeln, sondern auch auch dem gemeinsamen Vorstellungsraum basieren.
  2. Unterschiedliche Spiele machen unterschiedlichen Leuten unterschiedlich viel Spaß.
  3. Auch ARS-Spiele können sicherlich ein Intensitäts-Erlebnis hervorrufen. Denn auch im ARS spielt Fiktion eine zentrale Rolle.
  4. Regeln, die sich um die Wichtigkeit des gemeinsamen Vorstellungsraumes ranken, werden von Gruppe zu Gruppe mit unterschiedlicher Qualität beurteilt: Mal wird die gelungene Fiktion über die Regeln gestellt, mal die gelungenen Regeln über die Fiktion.

Letzteres kann man sehr schön mit dem Process-Model beschreiben: Es gibt verschiedene Prozesse, die parallel ablaufen und verschiedene Spaß-Quellen. Eine ist die Fiktion, eine andere der sich aus den Regeln ergebende Wettkampf. Jetzt kann man daraus zwei Standpunkte folgern: a) Die Regeln definieren das Spiel und die Fiktion muss sich aus den Regeln ergeben. b) Die Fiktion definiert das Spiel und die Regeln liefern Anregungen.

Dabei wird eines übersehen: Auch die Macht des (meist vorhandenen) Spielleiters, die Einigung auf Fiktion, die Beachtung der geschriebenen Regeln usw. sind auch alles Regeln, wenn auch nicht explizit notierte. Ja, auch die Beachtung der geschriebenen Regeln ist eine Regel! Und daher halten sich normalerweise alle, die die Ergebnisse von Würfeln nur als Anregung sehen, auch an die Regeln — aber eben nicht an die vom Spiele-Autor vorgesehenen, sondern an die Regeln der Spielrunde. Und diesen Regeln werden die Vorschläge durch den Autor dann untergeordnet.

Die Gefahr besteht natürlich darin, dass die ungeschriebenen Regeln nicht allen Spielern klar sind — und das ist das wahre Problem so mancher Runde, in der ein Spieler ein den geschriebenen Regeln entsprechendes Spiel erwartet aber eines bekommt, das er dann für Betrug seitens des Spielleiters hält. Daher sind Spiele, bei denen die Regeln der gewünschten Fiktion nicht im Wege stehen, anderen Spielen überlegen, bei denen man Regeln weglassen oder biegen muss, damit sie es nicht tun.

Im Extremfall ergeben sich würfellose Rollenspiele, bei denen in großem Maße durch die Autorität des Spielleiters entschieden wird, was passieren soll. Der andere Extremfall sind Spiele, die neben Taktik und Strategie zwar auch noch Raum für Fiktion lassen, diese aber zum Spielen nicht benötigen.

Das ganze ändert an meiner Aussage, die ich vor einiger Zeit mal getätigt habe, nix: Ich kann Leute nicht verstehen, die nicht verstehen können, dass anderen Spielern andere Dinge Spaß machen. Ich kann aber auch nicht wirklich Leute verstehen, die für die Spielweise, die sie anstreben, nicht explizit geeignete Regeln nehmen (Wobei man man ganz klar sagen muss: Wer nicht „schummeln“ will und trotzdem großen Wert auf Drama und Story legt, hat zumindest bei den großen, bekannten Rollenspielen, wenig Chance.)
19.6.2007, 22:53
Elwin
Bin ich eigentlich der Einzige, der bei Schilderungen über diese „Intensität“ den Eindruck hat, dass hier nicht über Rollenspiel, sondern über bewusstseinserweiternde Drogen gesprochen wird?
19.6.2007, 23:02
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Dom
*LOL* Der ist ja mal gut!

Auf die Idee bin ich bisher nicht gekommen… allerdings lesen sich auch schon früher beschriebene Immersionserlebnisse so. Von daher ist das nicht wirklich was neues. Der Begriff ist nur umfassender und fasst eigentlich alles das, was verschiedene Leute mal als Immersion bezeichnet und definiert haben, zusammen (und noch ein bisschen mehr).

Dom, immer noch lachend

20.6.2007, 10:41
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Purzel
Was ich persönlich an dem Begriff Intensität gut finde ist, dass er die tiefen, berührenden Momente nicht allein auf Immersion einschränkt, sondern dass diese über andere Wege ebenso erreichbar sind.
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